Entwicklung des Grundbuch– und Grundstücksrechts bis Ende 2024
Aufsatz von Prof. Roland Böttcher, NJW 2025, 792 ff.
Der vorliegende Beitrag analysiert aktuelle Entwicklungen im Grundbuch- und Grundstücksrecht bis Ende 2024.
Im Fokus stehen dabei insbesondere Entscheidungen zum Erwerb von Miteigentumsanteilen durch
Minderjährige, Wegzugsklauseln bei Wohnungsrechten, Bestandteilszuschreibungen, die neue Rolle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
im Grundbuchverfahren seit dem 1. Januar 2024 sowie transmortale Vollmachten.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass der Erwerb eines unbelasteten Miteigentumsanteils an einem Grundstück durch Schenkung an einen Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
Daher ist keine Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger erforderlich.
Der BGH widersprach damit Auffassungen von Oberlandesgerichten (OLG), die aufgrund potenzieller Verpflichtungen aus einer Bruchteilsgemeinschaft einen rechtlichen Nachteil sahen.
Anders zu bewerten ist der Erwerb einer Eigentumswohnung, da hier zusätzliche finanzielle Verpflichtungen aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) entstehen.
Zudem stellte der BGH klar, dass grundsätzlich nur ein Ergänzungspfleger für Geschwister zu bestellen ist, sofern keine besonderen Gründe für separate Pfleger vorliegen.
Das OLG München entschied, dass eine im Grundbuch eingetragene Wegzugsklausel (Erlöschen des Wohnungsrechts bei dauerhaftem Verlassen des Anwesens) zulässig ist,
da sie eine hinreichend bestimmbare Bedingung darstellt.
Eine Meldebescheinigung allein reicht jedoch nicht aus, um den Nachweis des dauerhaften Verlassens im Sinne des § 29 der Grundbuchordnung (GBO) zu erbringen.
Um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, können erleichterte Löschungsvoraussetzungen (z.B. durch ärztliches Attest) vereinbart werden.
Das OLG München urteilte, dass für die Bestandteilszuschreibung eines herrschenden Grundstücks keine Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks erforderlich ist,
da dieser keine rechtliche Beeinträchtigung erfährt.
Auch die Sorge einer „Verwirrung“ bei der Vereinigung von Grundstücken, von denen eines ein „herrschendes“ Grundstück ist, ist laut OLG München unbegründet.
Seit dem 1. Januar 2024 sind Eintragungen zugunsten einer GbR im Grundbuch nur noch möglich, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist (§ 47 Abs. 2 GBO).
Für Alt-GbR, die bereits vor diesem Datum im Grundbuch eingetragen waren, gilt eine Übergangsregelung (Art. 229 § 21 EGBGB):
Verfügungen über ihre Grundstücke sind grundsätzlich erst nach Eintragung im Gesellschaftsregister möglich.
Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa bei Rechtsübergängen durch Anwachsung, Verschmelzung oder Formwechsel.
Bei Veränderungen des Gesellschafterbestands einer eingetragenen Alt-GbR, ist das Grundbuch hierdurch nicht unrichtig im sinne des §894 BGB, §22 GBO.
Und es findet keine Berichtigung im Grundbuch mehr statt.
Die Rechtsprechung fordert zunehmend die doppelte Voreintragung im Gesellschaftsregister und Grundbuch, bevor eine Alt-GbR ein Grundstück veräußern kann.
Bei der Richtigstellung einer eingetragenen Alt-GbR im Grundbuch gelten besondere Mitwirkungspflichten der Gesellschafter.
Die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek auf das Grundstück einer Alt-GbR stellt eine besondere Herausforderung dar.
Hier werden noch Lösungen gesucht, um den Justizgewähranspruch von Gläubigern zu gewährleisten.
Eine transmortale Vollmacht bleibt grundsätzlich auch dann wirksam, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe wird.
Die Legitimationswirkung der Vollmacht entfällt nicht automatisch, wenn der Bevollmächtigte seine Erbenstellung erklärt.
Um Unsicherheiten zu vermeiden, wird empfohlen, im Grundbuchverfahren ein Hierarchieverhältnis zwischen Vollmacht und Erbenstellung klarzustellen.
Der Beitrag zeigt, dass das Grundbuch- und Grundstücksrecht ständigen Veränderungen unterworfen ist und die Rechtsprechung kontinuierlich an Lösungen für neue Herausforderungen arbeitet.