Entziehung des Pflichtteils: Verurteilung wegen Vergewaltigung als Entziehungsgrund gemäß § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB
Eine rechtskräftige Verurteilung des Pflichtteilsberechtigten wegen Vergewaltigung rechtfertigt die Entziehung des Pflichtteils gemäß § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
LG Stuttgart 16 O 638/11
Das Landgericht Stuttgart hatte in einem Beschluss vom 15.02.2012
über die Frage zu entscheiden, ob einem Sohn, der seine Mutter vergewaltigt hatte, der Pflichtteil entzogen werden kann.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für die Entziehung des Pflichtteils gemäß §§ 2335 ff. BGB vorliegen.
Der Fall:
Ein Sohn hatte beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für eine Klage zu bewilligen,
mit der er seinen Pflichtteil am Nachlass seiner verstorbenen Mutter geltend machen wollte.
Die Mutter hatte ihn in ihrem Testament enterbt und ihm den Pflichtteil entzogen.
Als Begründung gab sie an, dass der Sohn sie bedroht und beleidigt habe und im Jahr 1980 wegen Vergewaltigung verurteilt worden sei.
Die Enkelkinder der Erblasserin, die als Erben eingesetzt waren, traten der Klage entgegen.
Die Entscheidung des LG Stuttgart:
Das LG Stuttgart wies den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurück, da die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Die Voraussetzungen für die Entziehung des Pflichtteils nach §§ 2335 ff. BGB seien gegeben.
Begründung:
Das Gericht begründete seine Entscheidung wie folgt:
Folgen der Entscheidung:
Dem Sohn wurde die Prozesskostenhilfe verweigert, da seine Klage auf Auszahlung des Pflichtteils keine Aussicht auf Erfolg hatte.
Die Entziehung des Pflichtteils durch die Mutter war wirksam.
Fazit:
Die Entscheidung des LG Stuttgart zeigt, dass eine schwere Straftat wie Vergewaltigung einen Entziehungsgrund im Sinne des § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB darstellt.
Die Teilhabe des Täters am Nachlass des Opfers ist in einem solchen Fall unzumutbar.
Das Gericht hat die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die persönlichen Wertvorstellungen der Erblasserin in seine Entscheidung einbezogen.
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