Entziehung Pflichtteil Voraussetzungen Verzeihung § 2337 BGB

August 19, 2017
Entziehung Pflichtteil Voraussetzungen Verzeihung § 2337 BGB
OLG Frankfurt am Main 17 U 43/92
Urt. v. 22.09.1993

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte in diesem Fall über die Frage zu entscheiden,

ob eine Verzeihung im Sinne des § 2337 BGB vorliegt und ob ein Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden kann.

Sachverhalt:

Der Kläger, enterbter Sohn der Erblasserin, verlangte von der Beklagten,

seiner Schwester und Alleinerbin, die Duldung der Zwangsvollstreckung in mehrere Grundstücke, die die Erblasserin der Beklagten zu Lebzeiten geschenkt hatte.

Der Kläger berief sich auf einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die Beklagte behauptete, der Kläger habe auf alle Ansprüche verzichtet.

Rechtliche Grundlagen:

Entziehung Pflichtteil Voraussetzungen Verzeihung § 2337 BGB

  • § 2333 BGB: Pflichtteilsentziehung
  • § 2337 BGB: Verzeihung
  • § 2325 BGB: Pflichtteilsergänzung

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Frankfurt am Main änderte das Urteil des Landgerichts ab und erklärte die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt.

Der Rechtsstreit wurde zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen.

Begründung:

  • Pflichtteilsergänzungsanspruch: Dem Kläger stand ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu, da er von der Erbfolge ausgeschlossen worden war.
  • Verzeihung: Die Erblasserin hatte dem Kläger die im Testament angegebene Kränkung verziehen. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn hatte sich normalisiert und die familiären Beziehungen waren wiederaufgelebt.
  • Kein Erlassvertrag: Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe auf seinen Anspruch verzichtet, wurde nicht bewiesen. Die vom Kläger getätigten Äußerungen waren nicht eindeutig genug, um einen Verzicht anzunehmen.
  • Kein Verzicht: Ein Verzicht auf einen Pflichtteilsergänzungsanspruch muss klar und eindeutig erklärt werden. Dies war hier nicht der Fall.

Entziehung Pflichtteil Voraussetzungen Verzeihung § 2337 BGB

Fazit:

Das OLG Frankfurt am Main hat in diesem Urteil die Voraussetzungen für eine Verzeihung im Sinne des § 2337 BGB konkretisiert.

Für die Annahme einer Verzeihung ist es ausreichend, wenn sich das Verhältnis zwischen Erblasser und Abkömmling normalisiert hat

und die familiären Beziehungen wiederaufgelebt sind.

Wichtige Punkte des Urteils in Stichpunkten:

  • Verzeihung liegt vor, wenn die familiären Beziehungen wiederaufgelebt sind.
  • Ein Verzicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch muss klar und eindeutig erklärt werden.
  • Die bloße Normalisierung des Verhältnisses reicht für einen Verzicht nicht aus.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil zeigt, dass auch nach einer Pflichtteilsentziehung eine Versöhnung zwischen Erblasser und Abkömmling möglich ist.
  • Im Zweifel sollten sich Erben und Pflichtteilsberechtigte anwaltlich beraten lassen, um ihre Rechte und Pflichten zu kennen.
RA und Notar Krau

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