Erbausschlagung durch gesetzlichen Vertreter eines Vereins 

August 21, 2017

Erbausschlagung durch gesetzlichen Vertreter eines Vereins

OLG Bremen 5 W 9/15

Nachlasssache:

Anwendbarkeit der Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht auf die Erklärung der Erbausschlagung

durch den gesetzlichen Vertreter eines Vereins gegenüber dem Nachlassgericht

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht Bremen hat entschieden, dass die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht

keine Anwendung auf die Erklärung der Erbausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter eines Vereins gegenüber dem Nachlassgericht finden.

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte in ihrem Testament einen eingetragenen Verein als Erben eingesetzt.

Die 1. Vorsitzende des Vereins schlug die Erbschaft gegenüber dem Nachlassgericht aus, obwohl sie laut Satzung nicht allein vertretungsberechtigt war.

Das Nachlassgericht erteilte daraufhin einen Erbschein, der den Beschwerdeführer als Alleinerben auswies.

Der Verein beantragte später die Einziehung des Erbscheins und die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Erben ausweist.

Erbausschlagung durch gesetzlichen Vertreter eines Vereins

Das Amtsgericht wies den Antrag zunächst zurück, da es die Erbausschlagung aufgrund der Duldungsvollmacht für wirksam hielt.

Auf Beschwerde des Vereins gab das Amtsgericht dem Antrag statt und zog den Erbschein ein.

Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein.

Entscheidung des Oberlandesgerichts:

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde zurück.

Begründung:

  • Keine Anscheins- oder Duldungsvollmacht:

    • Die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht finden auf die Erklärung der Erbausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht keine Anwendung.
    • Diese Grundsätze beruhen auf dem Vertrauensschutz, der bei einer amtsempfangsbedürftigen Willenserklärung gegenüber dem Nachlassgericht nicht relevant ist.
    • Das Nachlassgericht beurkundet die Erbausschlagung lediglich und entwickelt kein zu schützendes Vertrauen.
    • Die Überprüfung der Wirksamkeit der Erbausschlagung durch das Nachlassgericht ist lediglich die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht.
    • Auch gegenüber dem Beschwerdeführer greift der Vertrauensschutz nicht, da er nicht Adressat der Ausschlagungserklärung ist.
  • Unwirksame Erbausschlagung:

    • Die Erbausschlagung durch die 1. Vorsitzende war unwirksam, da sie laut Satzung nicht allein vertretungsberechtigt war.
  • Erbeinsetzung des Vereins:

    • Die Erblasserin hatte den Verein wirksam als Erben eingesetzt.
  • Tenorierung des Beschlusses:

    • Das Amtsgericht hätte die erforderlichen Tatsachen für die Erteilung des Erbscheins feststellen müssen und nicht die Erteilung des Erbscheins bewilligen dürfen.
    • Dieser Fehler war im Beschwerdeverfahren jedoch nicht relevant, da das Beschwerdegericht das Amtsgericht anweisen kann, den Erbschein zu erteilen.
  • Kostenentscheidung:

    • Bei der Entscheidung über die Kosten wurde berücksichtigt, dass das Nachlassgericht die Vertretungsmacht der 1. Vorsitzenden nicht geprüft hatte und der Verein ebenfalls nicht die im Rechtsverkehr gebotene Sorgfalt aufgebracht hatte.

Erbausschlagung durch gesetzlichen Vertreter eines Vereins

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht, dass die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht nicht auf die Erbausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht anwendbar sind.

Die Vertretungsmacht des Erklärenden muss im Erbscheinsverfahren geprüft werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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