Erbeinsetzung des Heimträgers in stillem Testament

August 11, 2017

Erbeinsetzung des Heimträgers in stillem Testament

OLG Stuttgart 8 W 253/11

Erbeinsetzung des Heimträgers: Kenntnis des Heimträgers von seiner Erbeinsetzung in einem „stillen Testament“

von Angehörigen des Heimbewohners bei Benachrichtigung seines Landesverbandes

Eine verfassungskonforme Auslegung des § 14 HeimG verbietet es den Angehörigen eines (zukünftigen) behinderten Heimbewohners nicht, den Heimträger in einem „stillen Testament“

als Erbe einzusetzen, wenn dieser zu Lebzeiten des Erblassers keine Kenntnis von seiner Erbeinsetzung hatte.

Der Heimträger hat keine Kenntnis von der letztwilligen Verfügung des Erblassers, wenn lediglich der Landesverband,

dem er angehört, durch den Erblasser von seiner Einsetzung als Alleinerbe unterrichtet wurde.

Eine Zurechnung des auf Seiten des Landesverbandes vorhandenen Wissens zu Lasten des Heimträgers kommt nicht in Betracht, weil hierfür keine rechtliche Grundlage ersichtlich ist.

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied, dass die Erbeinsetzung eines Heimträgers in einem „stillen Testament“ nicht gegen

§ 14 HeimG verstößt, wenn der Heimträger erst nach dem Tod des Erblassers von seiner Erbeinsetzung erfährt.

Erbeinsetzung des Heimträgers in stillem Testament

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte in einem Erbvertrag mit ihrem Ehemann den Heimträger ihrer behinderten Tochter als Alleinerben eingesetzt.

Der Heimträger erfuhr erst nach dem Tod der Erblasserin von seiner Erbeinsetzung.

Die Tochter der Erblasserin beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin auswies.

Sie argumentierte, die Erbeinsetzung des Heimträgers sei gemäß § 14 HeimG nichtig.

Entscheidung des OLG:

Das OLG wies die Beschwerde der Tochter zurück und wies das Nachlassgericht an, dem Heimträger den beantragten Erbschein zu erteilen.

Begründung:

Erbeinsetzung des Heimträgers in stillem Testament

  1. § 14 HeimG: § 14 HeimG verbietet es Heimträgern, sich von Bewohnern oder Bewerbern um einen Heimplatz Geldleistungen oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.

  2. „Sich gewähren lassen“: Der Begriff „sich gewähren lassen“ in § 14 HeimG setzt voraus, dass der Heimträger in die Zuwendung einwilligt. Dies ist nicht der Fall, wenn der Heimträger erst nach dem Tod des Erblassers von seiner Erbeinsetzung erfährt.

  3. Verfassungskonforme Auslegung: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass § 14 HeimG verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass er die Erbeinsetzung des Heimträgers in einem „stillen Testament“ nicht verbietet.

  4. Keine Kenntnis des Heimträgers: Im vorliegenden Fall hatte der Heimträger keine Kenntnis von seiner Erbeinsetzung. Er erfuhr erst nach dem Tod der Erblasserin davon.

  5. Keine Zurechnung des Wissens des Landesverbands: Das Wissen des Landesverbands, dem der Heimträger angehörte, konnte dem Heimträger nicht zugerechnet werden.

  6. Kein Verstoß gegen § 14 HeimG: Da der Heimträger keine Kenntnis von seiner Erbeinsetzung hatte, lag kein Verstoß gegen § 14 HeimG vor. Die Erbeinsetzung war wirksam.

Folgen des Beschlusses:

Der Beschluss des OLG Stuttgart stärkt die Testierfreiheit von Angehörigen von Heimbewohnern.

Sie können den Heimträger in einem „stillen Testament“ als Erben einsetzen, ohne dass dies gegen § 14 HeimG verstößt.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der Kenntnis des Heimträgers von seiner Erbeinsetzung.
  • Er zeigt, dass die Gerichte die Testierfreiheit von Angehörigen von Heimbewohnern schützen.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis der Nachlassgerichte und der Notare.
RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…
Apartmenthaus Wohnungseigentum

Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“

November 5, 2025
Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“ – Heilung von Einberufungsmängeln durch „Voll…