Erbeinsetzung durch Nachtrag zum negativen Testament

September 14, 2017

Erbeinsetzung durch Nachtrag zum negativen Testament

Bayerisches Oberstes Landesgericht BReg 1 Z 73/74

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte ein eigenhändiges Testament verfasst, in dem sie zunächst nur ihren Sohn von der Erbfolge ausschloss (negatives Testament).

Später fügte sie über der Überschrift des Testaments einen Nachtrag hinzu, in dem sie eine Person zur Haupterbin und weitere Personen zu Nacherben einsetzte.

Dieser Nachtrag enthielt keine eigene Unterschrift.

Die als Haupterbin eingesetzte Person beantragte einen Erbschein.

Das Nachlassgericht und das Landgericht wiesen den Antrag zurück, da der Nachtrag nicht den Formerfordernissen eines eigenhändigen Testaments entspreche.

Streitpunkt:

Ist der Nachtrag zum Testament, der die Erbeinsetzung enthält, formgültig, obwohl er nicht gesondert unterschrieben wurde?

Erbeinsetzung durch Nachtrag zum negativen Testament

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts:

Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die weitere Beschwerde der Haupterbin zurück.

Der Nachtrag zum Testament ist wegen fehlender Unterschrift unwirksam.

Begründung:

  • Eigenhändiges Testament: Ein eigenhändiges Testament muss vom Erblasser vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben sein (§ 2247 BGB).

  • Negative Verfügung: Die ursprüngliche testamentarische Verfügung enthielt lediglich den Ausschluss des Sohnes von der Erbfolge. Es handelte sich um ein negatives Testament.

  • Nachtrag als eigenständige Verfügung: Der spätere Nachtrag, in dem die Erbeinsetzung erfolgte, ist keine bloße Ergänzung des negativen Testaments, sondern eine eigenständige Verfügung. Mit dem Nachtrag hat die Erblasserin erstmals positiv über ihren Nachlass verfügt.

  • Unterschrift erforderlich: Für eine eigenständige Verfügung ist eine eigene Unterschrift erforderlich. Die Unterschrift unter dem negativen Testament deckt den Nachtrag nicht ab.

  • Keine Anwendung der Grundsätze für nachträgliche Änderungen: Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu nachträglichen Änderungen eines Testaments ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da es sich nicht um eine bloße Änderung, sondern um eine eigenständige Verfügung handelt.

Erbeinsetzung durch Nachtrag zum negativen Testament

  • Formunwirksamkeit: Da der Nachtrag nicht unterschrieben ist, ist er formunwirksam. Die Erbeinsetzung ist daher unwirksam.

Ausführliche Darstellung der Begründung:

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Anforderungen an die Formgültigkeit eines eigenhändigen Testaments dargelegt.

Es hat betont, dass eine eigenständige Verfügung eine eigene Unterschrift erfordert und dass die Unterschrift

unter einem negativen Testament nicht ausreicht, um einen späteren Nachtrag mit einer Erbeinsetzung zu decken.

Das Gericht hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu nachträglichen Änderungen von Testamenten

analysiert und hervorgehoben, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist,

da es sich nicht um eine bloße Änderung eines bestehenden Testaments, sondern um eine eigenständige Verfügung handelt.

Die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts ist für die Praxis relevant, da sie die Grenzen der Zulässigkeit von Nachträgen zu Testamenten aufzeigt

und die Bedeutung der Unterschrift für die Formgültigkeit eines eigenhändigen Testaments hervorhebt.

Fazit:

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in seiner Entscheidung die strengen Formerfordernisse für eigenhändige Testamente bestätigt

und die Bedeutung der Unterschrift für die Formgültigkeit hervorgehoben.

Die Entscheidung ist für die Praxis relevant, da sie die Grenzen der Zulässigkeit von Nachträgen zu Testamenten aufzeigt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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