Erbeinsetzung für den Fall des gemeinsamen Todes

September 1, 2017

Auslegung der Formulierung Gemeinschaftliches Testament für den Fall des „gemeinsamen Todes“

OLG Schleswig 3 Wx 47/02

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig vom 25. Oktober 2002 befasst sich mit der Auslegung der Formulierung „bei einem gemeinsamen Tod“

in einem gemeinschaftlichen Testament.

Das Gericht entschied, dass diese Formulierung nicht eindeutig ist und daher der Auslegung bedarf.

Es hob die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Sachverhalt:

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Erben einsetzten

und für den Fall eines gemeinsamen Todes ihre Tochter als Alleinerbin bestimmten.

Nach dem Tod des Ehemanns errichtete die Erblasserin mehrere weitere Testamente, in denen sie letztlich einen Taxiunternehmer als Erben einsetzte.

Erbeinsetzung für den Fall des gemeinsamen Todes

Nach dem Tod der Erblasserin stritten die Tochter und der Taxiunternehmer um das Erbe.

Rechtliche Würdigung:

Das OLG Schleswig hob die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

1. Auslegungsbedürftigkeit der Formulierung:

Das OLG bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass die Formulierung „bei einem gemeinsamen Tod“ auslegungsbedürftig ist.

Es ist nicht eindeutig, ob damit nur der zeitgleiche Tod oder auch der Fall des Nacheinanderversterbens gemeint ist.

2. Auslegung des Testaments:

Das OLG kritisierte die Auslegung des Landgerichts, wonach die Formulierung auch den Fall des Nacheinanderversterbens umfassen sollte.

Es führte aus, dass das Landgericht wesentliche Tatsachen nicht berücksichtigt habe.

Erbeinsetzung für den Fall des gemeinsamen Todes

3. Wortlaut des Testaments:

Der Wortlaut des Testaments spreche eher dafür, dass die Eheleute den Fall des zeitgleichen Versterbens gemeint haben.

Die Formulierung „bei einem“ deute auf einen einzigen zum Tode beider Eheleute führenden Lebenssachverhalt hin.

4. Sinnhaftigkeit der Regelung:

Eine Regelung für den Fall des zeitgleichen Todes sei für die Eheleute sinnvoll gewesen, um zu verhindern, dass der Sohn der Erblasserin aus erster Ehe Erbe wird.

5. Weitere Testamente:

Die von der Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemanns errichteten Testamente sprächen nicht zwingend dagegen,

dass mit dem gemeinschaftlichen Testament wechselbezügliche Verfügungen getroffen wurden.

6. Gegenseitige Erbeinsetzung:

Die gegenseitige Erbeinsetzung im Testament bedeute nicht zwingend, dass die Eheleute eine abschließende Regelung ihres Nachlasses treffen wollten.

Es sei möglich, dass sie dem längerlebenden Ehegatten Verfügungsfreiheit einräumen wollten.

Erbeinsetzung für den Fall des gemeinsamen Todes

7. Erklärungen der Erblasserin:

Die von der Tochter behaupteten Erklärungen der Erblasserin, wonach sie Alleinerbin sein solle, seien nicht von entscheidender Bedeutung.

Solche Erklärungen schlössen spätere Willensänderungen nicht aus.

8. Echtheit des Testaments:

Das OLG wies darauf hin, dass noch die Echtheit des Testaments vom 2. Juni 1990 zu klären sei.

Daher verwies es die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Fazit:

Das OLG Schleswig-Urteil 3 Wx 47/02 vom 25. Oktober 2002 verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Auslegung von Testamenten.

Die Formulierung „bei einem gemeinsamen Tod“ ist nicht eindeutig und bedarf daher der Auslegung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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