Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung oder Vermächtnis

September 16, 2017

Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung oder Vermächtnis

Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 107/96

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Ein kinderloses Ehepaar hatte in einem gemeinschaftlichen Testament von 1988 ihr Hausgrundstück an die Beteiligte zu 1

(Nichte der Ehefrau) vermacht und ihr Geldvermögen zu gleichen Teilen an vier Verwandte (darunter die Beteiligte zu 1) verteilt.

Die übrigen drei Verwandten verstarben vor dem Ehepaar.

Das Hausgrundstück hatten die Eheleute bereits 1991 auf die Beteiligte zu 1 übertragen.

Nach dem Tod der Ehefrau beantragte die Beteiligte zu 1 einen Alleinerbschein.

Ein Neffe der Ehefrau (Beteiligter zu 2) widersprach dem Antrag, da er der Ansicht war, alle vier im Testament genannten Personen seien zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt worden.

Entscheidung des Gerichts:

Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung oder Vermächtnis

Das Bayerische Oberste Landesgericht hob die Entscheidung des Landgerichts auf und stellte den Beschluss des Amtsgerichts wieder her, der die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin auswies.

Begründung:

  1. Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis:
  • Bei der Auslegung eines Testaments ist der Wille des Erblassers zu erforschen.
  • Wurde das Vermögen im Testament nach Gruppen von Gegenständen verteilt, kann dies sowohl als Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung als auch als Vermächtnis ausgelegt werden.
  • Insbesondere bei der Zuwendung eines Grundstücks, das den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht, ist eine Erbeinsetzung anzunehmen.
  • Maßgeblich sind die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
  1. Auslegung des Testaments:
  • Im vorliegenden Fall hatte das Ehepaar der Beteiligten zu 1 das Hausgrundstück, den wertvollsten Vermögensgegenstand, sowie einen Anteil am Geldvermögen zugewendet.
  • Dies sprach dafür, dass sie als Alleinerbin eingesetzt werden sollte und die wirtschaftliche Stellung des Ehepaars fortsetzen sollte.
  • Die übrigen Verwandten waren lediglich mit einem geringen Anteil am Geldvermögen bedacht worden.
  • Die Übertragung des Grundstücks zu Lebzeiten änderte nichts am Erblasserwillen, da die Eheleute damit lediglich das im Testament vorgesehene Ergebnis vorweggenommen hatten.

Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung oder Vermächtnis

  1. Ersatzvermächtnisnehmer:
  • Die im Testament mit Geldvermächtnissen bedachten Verwandten waren vor dem Erbfall verstorben.
  • An ihre Stelle traten ihre Kinder als Ersatzvermächtnisnehmer.
  • Dies ergab sich aus der ergänzenden Testamentsauslegung, wonach anzunehmen war, dass die Ehegatten die im Testament genannten Verwandten jeweils als erste ihres Stammes berufen wollten.

Fazit:

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts verdeutlicht die Grundsätze der Testamentsauslegung bei der Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis.

  • Maßgeblich sind der Wille des Erblassers und die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
  • Die Zuwendung eines Grundstücks, das den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht, spricht für eine Erbeinsetzung.
  • Sind die im Testament bedachten Personen vor dem Erbfall verstorben, können ihre Abkömmlinge als Ersatzvermächtnisnehmer in Betracht kommen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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