Erbeinsetzungen bei Verteilung des gesamten Vermögens an die Kinder

August 23, 2017

Erbeinsetzungen bei Verteilung des gesamten Vermögens an die Kinder

AG Warstein VI 62/10

Beschluss vom 19.10.2010 Auslegung eines Testaments:

RA und Notar Krau

Die Erblasserin hatte in einem Testament von 2000 ihr Vermögen im Wesentlichen auf ihre fünf Kinder verteilt.

Das Amtsgericht hatte zunächst Teilerbscheine erteilt, die auf einer Auslegung des Testaments als Erbeinsetzung beruhten.

Später wurden die Teilerbscheine eingezogen und ein neuer Erbschein erteilt, der von einer gesetzlichen Erbfolge ausging.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied in einem Zivilprozess, dass das Testament als Erbeinsetzung auszulegen sei.

Daraufhin beantragte eines der Kinder die Erteilung eines Teilerbscheins, der ihm eine höhere Erbquote zusprach.

Kernaussage des Beschlusses:

Erbeinsetzungen bei Verteilung des gesamten Vermögens an die Kinder

Das Amtsgericht Warstein wies den Antrag zurück.

Das Testament von 2000 enthält keine Erbeinsetzung, sondern lediglich Vermächtnisse.

Daher ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten und die Kinder erben zu gleichen Teilen.

Begründung des Gerichts:

  • Auslegung des Testaments:
    • Bei der Auslegung des Testaments ist der wirkliche Wille der Erblasserin zu erforschen.
    • Im vorliegenden Fall spricht vieles gegen eine Erbeinsetzung:
      • Die Erblasserin hat den Begriff „Erbe“ nicht verwendet, obwohl sie ihn in früheren Testamenten verwendet hatte.
      • Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten 1973 bewusst keine Schlusserbenbestimmung in ihrem Testament vorgenommen.
      • Die Erblasserin wollte durch die konkrete Verteilung ihres Vermögens Streitigkeiten unter ihren Kindern vermeiden.
      • Die Erblasserin bevorzugte einfache und direkte Lösungen. Die Ermittlung von Erbquoten anhand des Wertes der Vermögensgegenstände wäre jedoch kompliziert.
  • Gesetzliche Erbfolge:
    • Da das Testament keine Erbeinsetzung enthält, ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten.
    • Die Kinder erben zu gleichen Teilen.
  • Vermächtnisse:
    • Die im Testament enthaltenen Verfügungen sind als Vermächtnisse zu verstehen.
    • Die Erblasserin wollte ihren Kindern bestimmte Gegenstände zukommen lassen, nicht aber Erbquoten zuweisen.
  • Keine Bindung an die Entscheidung des OLG Hamm:
    • Das Amtsgericht ist nicht an die Entscheidung des OLG Hamm gebunden.
    • Das OLG hat im Zivilprozess nur eine Vorfrage entschieden und war an das Parteivorbringen gebunden.
  • Keine Bedeutung der ursprünglichen Erbscheinsanträge:
    • Die ursprünglichen Erbscheinsanträge, die auf einer Auslegung des Testaments als Erbeinsetzung beruhten, haben keine Bedeutung für die Auslegung.
    • Das Verständnis der Erben für das Testament ist irrelevant.

Erbeinsetzungen bei Verteilung des gesamten Vermögens an die Kinder

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der Auslegung von Testamenten. Auch wenn der Erblasser sein gesamtes Vermögen verteilt hat,

ist nicht zwingend von einer Erbeinsetzung auszugehen.

Im Zweifel ist die gesetzliche Erbfolge anzunehmen.

Zusätzliche Informationen:

    • Der Beschluss hat Bedeutung für die Praxis, da er die Anforderungen an die Auslegung von Testamenten bei der Verteilung des gesamten Vermögens konkretisiert.
    • Erblasser sollten bei der Gestaltung von Testamenten klare und eindeutige Formulierungen verwenden.
    • Im Zweifel sollten sie anwaltliche oder notarielle Hilfe in Anspruch nehmen.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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