Erbrecht des verwandten Ehegatten
Liebe Leserin, lieber Leser,
manchmal hält das Leben überraschende Wendungen bereit, und das gilt auch für das Erbrecht. Heute möchte ich, RA und Notar Krau, Ihnen einen kurzen Einblick in eine eher seltene, aber faszinierende Besonderheit des deutschen Erbrechts geben: den „mehrfachen Erbteil“ für Ehegatten. Keine Sorge, wir entwirren diesen juristischen Knoten gemeinsam!
Stellen Sie sich vor, Sie sind nicht nur mit Ihrem Partner verheiratet, sondern auch mit ihm verwandt – zum Beispiel, weil Sie eine Ehe mit Ihrer Tante oder Ihrem Onkel eingegangen sind. In solchen besonderen Fällen, die zum Glück selten vorkommen, könnte Ihr Erbrecht eine spannende Wendung nehmen.
Normalerweise ist es so: Stirbt Ihr Ehepartner, erben Sie als Ehegattin oder Ehegatte. Sind Sie mit der verstorbenen Person verwandt (z.B. als Kind, Geschwisterteil, Tante, Onkel), erben Sie zusätzlich als Verwandte oder Verwandter. Was aber, wenn beides zutrifft?
Genau hier kommt der Paragraph § 1934 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ins Spiel. Er stellt klar, dass Sie in solch einer Situation beide Rollen innehaben und somit auch zweifach erben können – einmal als Ehegattin oder Ehegatte und einmal als Verwandte oder Verwandter. Diesen Erbteil, der Ihnen aufgrund Ihrer Verwandtschaft zusteht, nennt das Gesetz dann einen „besonderen Erbteil“. Es ist, als würden zwei unabhängige Erbströme in Ihre Richtung fließen.
Sie fragen sich vielleicht, warum das Gesetz eine solche scheinbare Selbstverständlichkeit extra regelt. Die Antwort ist einfach: Der Gesetzgeber wollte jegliche Unsicherheiten und Zweifel ausräumen. Auch wenn Ehen zwischen bestimmten nahen Verwandten (wie Geschwistern oder direkten Verwandten wie Eltern und Kindern) in Deutschland verboten sind und aufgehoben werden können, gibt es seltene Ausnahmen.
Manchmal kann eine solche Ehe trotz des Verbots Bestand haben, beispielsweise wenn eine Aufhebung eine unzumutbare Härte für die Betroffenen bedeuten würde oder der Tod eines Ehepartners eine Aufhebung unmöglich macht. In diesen Ausnahmefällen sollen die erbrechtlichen Wirkungen der Ehe trotzdem bestehen bleiben. Hier sorgt § 1934 BGB dafür, dass der überlebende Ehegatte neben seinem Ehegattenerbteil auch den Verwandtenerbteil erhält.
Für eingetragene Lebenspartnerschaften gab es eine ähnliche Regelung. Allerdings ist es hier wichtig zu wissen, dass Lebenspartnerschaften zwischen Verwandten in gerader Linie oder Geschwistern rückwirkend als nichtig gelten. Das bedeutet, dass in diesen Fällen ein mehrfacher Erbteil von vornherein ausgeschlossen ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch wenn dieser Fall in der Praxis selten vorkommt, zeigt er doch die Präzision und Weitsicht unseres Gesetzgebers, der auch für die ungewöhnlichsten Lebensumstände klare Regelungen schaffen möchte.
Bei weiteren Fragen zum Erbrecht stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ihr RA und Notar Krau