BGH IVa ZR 220/88

Juni 5, 2020

Erbrechtliche Surrogation Kommanditistenstellung als zur Erbschaft oder zum Nachlaß gehörendes Surrogat – BGH Urteil vom 21. November 1989 – IVa ZR 220/88

Zusammenfassung RA und Notar Krau


Die Klägerin, die Witwe des am 10. August 1984 verstorbenen Dr. S., hat ihren Ehemann gemäß einem gemeinschaftlichen Testament vom 18. Juli 1973 allein beerbt.

Der Beklagte, ein Sohn des Verstorbenen aus dessen erster Ehe, wurde durch ein Vorbehaltsurteil des Landgerichts verurteilt,

zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 105.000 DM nebst Zinsen an die Klägerin zurückzuzahlen.

Die Entscheidung über die vom Beklagten erklärte Aufrechnung wurde vorbehalten.

Die Aufrechnung des Beklagten betrifft eine Forderung, die er für sich und seine beiden Brüder als Nacherben nach ihrer Mutter geltend macht.

Diese Forderung ergibt sich aus einem gemeinschaftlichen Testament der Mutter und des Erblassers von 1963, in dem die Söhne als Nacherben eingesetzt wurden.

Der Nacherbfall sollte bei Wiederverheiratung des Längstlebenden eintreten.

Die Brüder des Beklagten traten ihre Erbteile am 1. Juli 1985 an den Beklagten ab.

Zum Nachlass der Mutter gehörte ein Restkaufpreisanspruch von 150.000 DM, der vom Erblasser als Vorerben in eine Kommanditgesellschaft investiert wurde.

Erbrechtliche Surrogation Kommanditistenstellung als zur Erbschaft oder zum Nachlaß gehörendes Surrogat – BGH Urteil vom 21. November 1989 – IVa ZR 220/88

Nach dem Tod des Erblassers beanspruchten der Beklagte und seine Brüder den Kommanditanteil als Teil des Nachlasses der Mutter und wurden von der Kommanditgesellschaft mit 180.000 DM abgefunden.

Darüber hinaus verlangten sie die Gewinne, die der Erblasser von 1972 bis 1984 erzielte, und erklärten mit dieser Forderung die Aufrechnung.

Prozessverlauf


Das Landgericht hob das Vorbehaltsurteil auf und wies die Klage ab, da die Aufrechnung durchgreife.

In der Berufung bezifferte der Beklagte seine Forderung auf 447.859,97 DM und beantragte neben der Zurückweisung der Berufung der Klägerin eine Zahlung von 342.859,97 DM nebst Zinsen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe erklärte das Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos und wies die Widerklage ab. Hiergegen richtete sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe des BGH


Der BGH hob das Urteil des OLG auf.

Er stellte fest, dass die Kommanditbeteiligung des Erblassers als Bestandteil des Nachlasses der Mutter anzusehen sei und die Gewinne den Nacherben zustünden.

Rechtslage zur Surrogation:


Das OLG vertrat die Auffassung, dass die Gewinnanteile keine Surrogate im Sinne von § 2019 BGB seien, da der Erblasser

diese aufgrund des Gesellschaftsvertrags und nicht als Gegenleistung für die Kapitaleinlage erhalten habe.

Der BGH widersprach und stellte klar, dass die Einbringung einer Kapitaleinlage in eine Personengesellschaft

den Zweck der dinglichen Surrogation erfülle, nämlich den Wert eines Sondervermögens zu erhalten und zu binden.

Schutzzweck der Surrogation:


Der BGH betonte, dass die dingliche Surrogation dazu diene, reale Werte eines Sondervermögens zu binden und im Interesse bestimmter begünstigter Personen zu erhalten.

Dies sollte auch für die Einbringung von Nachlasswerten in Gesellschaften gelten, um den Schutz der Erben nicht zu unterlaufen.

Erbrechtliche Surrogation Kommanditistenstellung als zur Erbschaft oder zum Nachlaß gehörendes Surrogat – BGH Urteil vom 21. November 1989 – IVa ZR 220/88

Gewinnanteile als Surrogat:


Der BGH argumentierte, dass die Kommanditbeteiligung und die damit verbundenen Gewinnrechte Teil der Vorerbschaft seien und somit auch die daraus gezogenen Gewinne den Nacherben zustehen.

Die gegenteilige Auffassung des IV. Zivilsenats in einem früheren Urteil wurde ausdrücklich aufgegeben.

Erbrechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte:


Die erbrechtliche Surrogation umfasse auch nichtübertragbare Rechte oder Rechtsstellungen, um den Schutz der Begünstigten zu gewährleisten.

Auch wenn der Nacherbe die gesellschaftsrechtliche Position nicht durchsetzen könne, müsse der Vorerbe die vermögensrechtlichen Vorteile an den Nacherben weitergeben.

Ausnahme gemäß § 2111 BGB:


Gewinnanteile, die während der Dauer der Vorerbschaft anfallen, gebühren dem Vorerben. Gewinne, die nach dem Nacherbfall anfallen, gebühren den Nacherben.

Weiteres Verfahren


Das Berufungsgericht wurde angewiesen, die Aufrechnung des Beklagten und deren Auswirkungen auf die Klageforderung

und Widerklage zu prüfen und die Grundsätze zu beachten, die der BGH in früheren Entscheidungen niedergelegt hat.

Fazit


Der BGH stellte klar, dass die Kommanditbeteiligung des Erblassers und die daraus erzielten Gewinne Teil der Vorerbschaft seien und den Nacherben zustünden.

Diese Entscheidung betonte die Bedeutung der dinglichen Surrogation zur Erhaltung und Bindung von Nachlasswerten im Interesse der Erben und Nacherben.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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