Erbschaftssteuer Steuerklasse einer Verlobten

August 4, 2017
Erbschaftssteuer Steuerklasse einer Verlobten
BFH II R 26/96
Begehrte Neufestsetzung der Erbschaftssteuer auf Grund der ungünstigeren Steuerklasse einer Verlobten im Sinne einer unbilligen sachlichen Härte

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin erbte den Nachlass ihres Verlobten, der kurz vor dem geplanten Hochzeitstermin verstarb.

Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gemäß Steuerklasse IV fest, der ungünstigsten Klasse für Nichtverwandte.

Die Klägerin beantragte eine niedrigere Besteuerung nach Steuerklasse I bzw. III aus Billigkeitsgründen, da sie den Erblasser heiraten wollte

und die Heirat nur durch seinen Tod verhindert wurde.

Rechtsfrage:

Kann die Erbschaftsteuer in diesem Fall aus Billigkeitsgründen niedriger festgesetzt werden, obwohl die Klägerin als Verlobte grundsätzlich der ungünstigsten Steuerklasse zugeordnet ist?

Entscheidung des BFH:

Der BFH wies die Klage ab.

Eine sachliche Härte, die eine niedrigere Steuerfestsetzung rechtfertigen würde, lag nicht vor.

Begründung:

  • Gesetzliche Grundlagen: Gemäß § 163 AO 1977 können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn ihre Erhebung im Einzelfall unbillig wäre. Eine sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Besteuerung den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht.
  • Wertungen des Erbschaftsteuergesetzes: Das ErbStG knüpft die Steuerhöhe an die familiäre Beziehung zwischen Erblasser und Erben zum Zeitpunkt des Todes an. Verlobte gehören nicht zu den begünstigten Erben, auch wenn die Erbeinsetzung im Hinblick auf die bevorstehende Ehe erfolgt.
  • Verfassungsrechtliche Aspekte: Die Einordnung von Verlobten in die ungünstigste Steuerklasse ist verfassungsgemäß. Das Verlöbnis wird nicht vom Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG erfasst. Auch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) wird nicht verletzt, da Verlobte und geschiedene Ehegatten nicht vergleichbar sind. Geschiedene Ehegatten unterliegen besonderen Pflichten, die eine Begünstigung rechtfertigen.
  • Bestellung des Aufgebots: Die Tatsache, dass das Aufgebot zur Eheschließung bereits bestellt war, ändert nichts an der Einordnung in die ungünstigste Steuerklasse. Das Aufgebot dient lediglich der Überprüfung der Ehefähigkeit und der öffentlichen Bekanntmachung der Heiratsabsicht, nicht der rechtlichen Festigung der Beziehung.
  • Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit dem Erblasser vor dessen Tod begründet keine Billigkeitsmaßnahme. Das ErbStG begünstigt nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht, was verfassungsrechtlich zulässig ist.
  • Ermessensentscheidung: Die Steuerbehörden haben ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

Erbschaftssteuer Steuerklasse einer Verlobten

Fazit:

Der BFH stellte klar, dass Verlobte erbschaftsteuerrechtlich nicht den Ehegatten gleichgestellt werden können.

Die Bestellung des Aufgebots oder eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ändern daran nichts.

Eine Billigkeitsmaßnahme kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn die gesetzliche Regelung zu einem Ergebnis führt, das den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht.

Dies war hier nicht der Fall.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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