Erbschaftsstreit in Brauerei-Familie geklärt: Der Veltins-Sohn geht leer aus
Gerne fasse ich das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 05.06.2025 (Az.: 4 O 84/24) verständlich zusammen.
Das Urteil betrifft einen Erb- und Pflichtteilsstreit zwischen dem Kläger (dem Sohn) und seinen beiden Schwestern (den Beklagten) um das Erbe ihrer verstorbenen Mutter.
Die Mutter war die erfolgreiche Leiterin einer Familienbrauerei.
Die Klage des Sohnes wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.
Der Kläger (Sohn) verlangte, als Miterbe zu 1/3 am Nachlass seiner 1994 verstorbenen Mutter festgestellt zu werden (Hauptantrag).
Hilfsweise forderte er Auskunft über den Nachlass, um seine Pflichtteilsansprüche (1/6 des Nachlasswerts) geltend zu machen (Hilfsantrag).
Die Mutter hatte ihre beiden Töchter (die Beklagten) in einem notariellen Testament von 1993 als alleinige Erbinnen eingesetzt und den Kläger sowie seine Abkömmlinge ausdrücklich enterbt.
Der Kläger argumentierte, das Testament sei unwirksam, weil:
Die Mutter zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig (geistig verwirrt durch Krankheit) gewesen sei.
Das Testament sittenwidrig (§ 138 BGB) sei, da er geschlechtsbedingt diskriminiert und ungerechtfertigt enterbt wurde.
Er das Testament wirksam angefochten habe, da die Mutter einem Irrtum unterlag und fälschlicherweise annahm, sein früher erklärter Pflichtteilsverzicht sei wirksam.
Zudem meinte der Kläger, sein im Jahr 1980, am Tag seines 18. Geburtstages, notariell erklärter Pflichtteilsverzicht sei unwirksam gewesen (wegen Sittenwidrigkeit/Ausnutzung seiner Unerfahrenheit und mangelhafter notarieller Belehrung).
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage.
Sie bestritten alle Vorwürfe und verwiesen zudem auf die Verjährung aller Ansprüche des Klägers.
Das Landgericht Arnsberg wies die Klage in vollem Umfang ab.
Das Gericht sah das Testament der Mutter als wirksam an:
Der Kläger konnte nicht beweisen, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (1993) testierunfähig war.
Die bloße Tatsache einer Krebserkrankung reiche nicht aus.
Zudem hatte der Notar ihre volle Geschäfts- und Testierfähigkeit festgestellt.
Die Mutter war noch bis kurz vor ihrem Tod als allein vertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Brauerei tätig.
Die Enterbung ist durch die grundgesetzlich geschützte Testierfreiheit gedeckt.
Das Gericht sah keine Anzeichen für eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Objektiv nachvollziehbare Gründe für die Enterbung waren vorhanden, insbesondere da der Kläger zu Lebzeiten einen Diebstahl zum Nachteil der Mutter begangen hatte und er laut notariellen Urkunden bereits erhebliche Vermögenswerte (ca. 11 Mio. DM) erhalten hatte.
Selbst wenn die Mutter irrtümlich davon ausgegangen wäre, dass der Pflichtteilsverzicht des Klägers unwirksam war, wäre dieser Irrtum nicht kausal (ursächlich) für die Enterbung gewesen.
Die Mutter hatte im Testament ausdrücklich erklärt, sie enterbe ihn, weil er zu Lebzeiten bereits ausreichend bedacht worden sei.
Ihre Motivation zur Enterbung hing also von den bereits erfolgten Zuwendungen und nicht vom wirksamen Verzicht ab.
Da das Testament wirksam ist, ist der Kläger nicht Erbe geworden.
Das Gericht befasste sich nicht abschließend mit der Wirksamkeit des Pflichtteilsverzichts von 1980, da die Ansprüche des Klägers in jedem Fall verjährt sind:
Der Kläger hatte bereits im Jahr 1995 das Testament angefochten und spätestens im Rahmen des Erbscheinsverfahrens im August 2004 Gewissheit über die ihn beeinträchtigende Verfügung (die Enterbung) erlangt.
Er hatte sich im Erbscheinsverfahren durch seinen Anwalt Akteneinsicht verschafft und keine Einwände gegen die Erteilung des Erbscheins an die Schwestern erhoben.
Nach dem damals geltenden Recht (§ 2332 Abs. 1 BGB a.F.) verjährt ein Pflichtteilsanspruch drei Jahre nach Kenntnis von Erbfall und beeinträchtigender Verfügung.
Die Verjährung ist demnach spätestens im Jahr 2007 (drei Jahre nach August 2004) eingetreten.
Selbst unter Anwendung des seit 2010 geltenden, dreijährigen Verjährungsrechts und der Annahme grob fahrlässiger Unkenntnis wären die Ansprüche mit Ablauf des Jahres 2013 verjährt gewesen.
Da die Verjährung eingetreten ist, stehen dem Kläger keine Pflichtteilsansprüche mehr zu.
Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Enterbung wirksam war und selbst vermeintliche Pflichtteilsansprüche des Klägers längst verjährt sind. Die Klage ist daher abzuweisen.
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