Erbschaftsteuer aus Nachlaßwert + Wert Vorschenkung § 6 Abs 1 ErbStG
BFH II R 15/71
Die Klägerin ist Vorerbin ihres 1963 verstorbenen Ehemannes, mit dem sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte.
Bereits im Jahre 1959 hatte dieser ihr Wertpapiere im Werte von 470.877 DM übertragen.
Das beklagte Finanzamt setzte Erbschaftsteuer in Höhe von 23.068,50 DM vorläufig fest.
Es rechnete hierbei den Erwerb durch Erbanfall und den Erwerb von 1959, den es als Vorschenkung behandelte, zusammen.
Nicht als Erwerb von Todes wegen behandelte es dabei gemäß § 6 Abs 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1959
den vierten Teil des der Klägerin durch Eintritt des Vorerbfalles angefallenen Vermögens.
Der Einspruch, mit dem die Klägerin vor allem geltend machte, daß das nach § 6 Abs 1 ErbStG 1959 nicht als Erwerb geltende
Viertel aus dem Nachlaßwert zuzüglich des Wertes der Vorschenkung zu errechnen sei, hatte nur in einem anderen Punkte geringfügigen Erfolg.
Die Klage ist hinsichtlich der begehrten anderweitigen Berechnung des nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Viertels erfolglos geblieben.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Das gemäß § 6 Abs 1 ErbStG 1959 nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Viertel ist nur aus dem Wert des Nachlasses zu berechnen.
Diese Auslegung entspricht sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes galt nicht als Erwerb im Sinne des § 2 ErbStG 1959 der vierte Teil des dem Ehegatten
als gedachtem Alleinerben zugefallenen steuerpflichtigen Erbanfalls ohne Berücksichtigung von Vermächtnissen, Auflagen und Pflichtteilsansprüchen.
Die Einbeziehung von vorangegangenen Schenkungen unter Lebenden im Sinne des § 3 ErbStG 1959 in die Berechnungsgrundlage
für das nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Viertel war danach dem Wortlaut nach ausgeschlossen.
Der Wortlaut des § 6 Abs 1 ErbStG 1959 schloß sich bewußt an den Wortlaut des § 1371 Abs 1 BGB an, der die Erhöhung
des gesetzlichen Erbteils bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod eines Ehegatten regelt.
Da etwaige Vorschenkungen für den Umfang der Erhöhung des gesetzlichen Erbteils nach § 1371 Abs 1 BGB ohne jede Bedeutung sind
– eine Anrechnung von Vorausempfängen gemäß § 1380 BGB ist nur bei der güterrechtlichen Lösung des § 1371 Abs 2 BGB vorgesehen -, kann aus § 6 Abs 1 ErbStG 1959 nicht geschlossen werden,
daß hier entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut eine andere Lösung angestrebt wurde.
Andernfalls wäre bei gesetzlicher Erbfolge das nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Viertel höher als der zusätzliche Erbteil nach § 1371 Abs 1 BGB,
wenn Vorschenkungen vorangegangen sind. Von der Erfassung durch die Erbschaftsteuer sollte nur das Viertel freigestellt werden,
um das sich der gesetzliche Erbteil des Überlebenden Ehegatten erhöhte.
Würde man demgegenüber der Auffassung der Revision folgen, so wäre die Verbindung zu § 1371 Abs 1 BGB, die allein es rechtfertigt,
an die Stelle des echten Zugewinnausgleichs den fiktiven Zugewinnausgleich treten zu lassen,
in einem wichtigen Punkte aufgehoben, ohne daß sich hierfür aus § 1371 Abs 1 BGB oder § 6 Abs 1 ErbStG 1959 ein überzeugender Grund ergäbe.
Nicht unbeachtet bleiben kann, daß der steuerfreie Betrag gemäß § 6 Abs 1 ErbStG 1959 ohne Rücksicht darauf zu berechnen war,
ob dem überlebenden Ehegatten im Falle einer güterrechtlichen Lösung überhaupt ein Ausgleichsanspruch zugestanden hätte.
In den ersten Jahren nach Inkrafttreten des § 6 Abs 1 ErbStG 1959 am 1. Juli 1958 wird ein solcher Zugewinn häufig schon deshalb nicht vorhanden gewesen sein,
weil für dessen Berechnung von dem am 1. Juli 1958 vorhandenen Anfangsvermögen auszugehen war
Auch durch die Einbeziehung des § 13 ErbStG 1959 in die Auslegung des § 6 Abs 1 ErbStG 1959 kann ein anderes Ergebnis nicht erzielt werden.
Es ist zwar einzuräumen, daß die Einbeziehung von Vorschenkungen über § 13 ErbStG 1959 im allgemeinen zu einem höheren Steuersatz für die zusammengerechneten Erwerbe führen wird.
Das rechtfertigt es aber noch nicht, die Vorschenkungen entgegen dem Wortsinn des § 6 Abs 1 ErbStG 1959 in die Berechnungsgrundlage
für das nach dieser Vorschrift nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Viertel einzubeziehen.
Dies gilt auch dann, wenn man in die Überlegung den Fall einbezieht, daß der überlebende Ehegatte mit Rücksicht auf Vorschenkungen
nur zu einem geringen Bruchteil als Erbe eingesetzt worden ist und ihm deshalb nach § 2305 BGB ein Zusatzpflichtteilsanspruch zusteht,
der allerdings dadurch wieder entfallen kann, daß nach § 2315 BGB Vorschenkungen anzurechnen sind.
Die Einbeziehung von Vorschenkungen in die Pflichtteilsberechnung kann nicht Anlaß sein, Vorschenkungen in die Berechnung nach § 6 Abs 1 ErbStG 1959 einzubeziehen.
Es fehlt hierfür an jeglicher Vorschrift, wie sie zB im Bereiche des zivilrechtlich durchgeführten Zugewinnausgleichs
für die Anrechnung von Vorzuwendungen auf die spätere Ausgleichsforderung in § 6 Abs 2 Satz 2 ErbStG 1959 vorgesehen war.
Beide Fälle sind nicht vergleichbar.
Überdies muß für § 6 Abs 1 ErbStG 1959 berücksichtigt werden, daß dort nur ein fiktiver Ausgleichsanspruch errechnet wird,
der höher oder niedriger sein kann als ein nach § 1371 Abs 2 BGB errechneter Ausgleichsanspruch.
Vor- und Nach*-teile, die sich daraus ergeben, müssen ebenso in Kauf genommen werden, wie sie der überlebende Ehegatte
und die Miterben im Falle gesetzlicher Erbfolge auf Grund des § 1371 Abs 1 BGB in Kauf nehmen müssen.
Eine andere Beurteilung kann auch nicht deshalb Platz greifen, weil der Erblasser es in der Hand gehabt hätte, durch Unterlassen von Vorschenkungen den Nachlaß
und damit zugleich das nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Viertel zu vergrößern.
Derartige Gestaltungsmöglichkeiten bestehen im Bereiche der Erbschaftsteuer auch sonst.
Zum andern war im Zeitpunkt der Vorschenkung auch nicht sicher vorhersehbar, daß der Ehemann der Klägerin vorversterben und sie damit Vorerbin werden würde.
Wäre zB die Klägerin früher verstorben, hätte es durchaus einen Unterschied machen können, ob sie vor ihrem Tode Schenkungen von ihrem Ehemann erhalten hat.
Dies zeigt, daß die Besteuerung sich nur nach dem verwirklichten Sachverhalt und nicht nach einem denkbaren Sachverhalt richten kann, der nicht verwirklicht worden ist.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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