Erbschaftsteuer Freibetrag beschränkt Steuerpflichtige
BFH II R 53/14
Urteil vom 10.5.2017
Freibetrag für beschränkt Steuerpflichtige beim Tod des Ehegatten nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Kernaussage:
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Mai 2017 klärt die Frage, ob beschränkt Steuerpflichtige beim Erwerb von Todes wegen durch den Tod des Ehegatten den vollen
Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) in Anspruch nehmen können.
Der BFH stellt fest, dass der Freibetrag in Höhe von 500.000 EUR unabhängig vom Anteil des inländischen Vermögens am Gesamterwerb in voller Höhe zu gewähren ist.
Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Schweizer Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz, erbte von ihrem ebenfalls in der Schweiz ansässigen Ehemann verschiedene Vermögenswerte,
darunter Grundstücke in Deutschland und der Schweiz.
Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest und gewährte lediglich den nach § 16 Abs. 2 ErbStG vorgesehenen Freibetrag in Höhe von 2.000 EUR für beschränkt Steuerpflichtige.
Die Klägerin klagte und berief sich auf die Kapitalverkehrsfreiheit sowie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache Welte (C-181/12).
Das Finanzgericht gab der Klage statt und gewährte den vollen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Rechtliche Würdigung:
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts aus verfahrensrechtlichen Gründen auf, da der streitgegenständliche Bescheid während des Revisionsverfahrens geändert wurde.
In der Sache bestätigte der BFH jedoch die Auffassung des Finanzgerichts.
1. Beschränkte Steuerpflicht:
Der BFH stellte zunächst fest, dass die Klägerin der beschränkten Steuerpflicht unterliegt, da weder sie noch der Erblasser im Zeitpunkt des Todes in Deutschland ansässig waren.
2. Unionsrechtswidrigkeit des § 16 Abs. 2 ErbStG:
Der BFH bestätigte seine Rechtsprechung, wonach § 16 Abs. 2 ErbStG, der in Fällen der beschränkten Steuerpflicht einen Freibetrag
von nur 2.000 EUR vorsieht, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt und daher nicht anwendbar ist.
Der EuGH hatte im Urteil Welte entschieden, dass eine solche Regelung unionsrechtswidrig ist, da sie eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt.
3. Unionsrechtswidrigkeit des § 2 Abs. 3 ErbStG n.F.:
Der BFH stellte weiter fest, dass auch die zwischenzeitlich eingeführte Optionsmöglichkeit zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 3 ErbStG n.F. unionsrechtswidrig ist.
Diese Regelung sah vor, dass beschränkt Steuerpflichtige auf Antrag unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden können,
wenn sie ihren Wohnsitz in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat haben.
Der BFH argumentierte, dass diese Regelung ebenfalls eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt,
da sie die Anwendung des vollen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit der Besteuerung des gesamten Erwerbs, einschließlich des Auslandsvermögens, verknüpft.
4. Gewährung des vollen Freibetrags:
Der BFH entschied, dass an die Stelle des unionsrechtswidrigen § 16 Abs. 2 ErbStG der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in voller Höhe tritt.
Dieser ist auch in Fällen der beschränkten Steuerpflicht ungekürzt zu gewähren und darf nicht anteilig nach dem Verhältnis des inländischen Vermögens zum Gesamterwerb gekürzt werden.
5. Keine Auslegungsmöglichkeit:
Der BFH betonte, dass eine Auslegung des § 16 Abs. 1 ErbStG, die eine anteilige Kürzung des Freibetrags in Fällen der beschränkten Steuerpflicht ermöglichen würde, nicht in Betracht kommt.
Eine solche Auslegung wäre mit dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift nicht vereinbar und würde die Grenzen einer zulässigen Auslegung überschreiten.
Fazit:
Das BFH-Urteil vom 10. Mai 2017 stärkt die Rechte beschränkt Steuerpflichtiger beim Erwerb von Todes wegen durch den Tod des Ehegatten.
Es stellt klar, dass der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in voller Höhe zu gewähren ist und weder durch § 16 Abs. 2 ErbStG noch durch § 2 Abs. 3 ErbStG n.F. eingeschränkt werden darf.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.