Erbschaftsteuer Pflegefreibetrag

August 13, 2017

Erbschaftsteuer Pflegefreibetrag

BFH II R 37/15

aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht schließt die Gewährung des Pflegefreibetrags nicht aus

Der Begriff „Pflege gewähren“ in § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist grundsätzlich weit auszulegen

Für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist es nicht erforderlich,

dass der Erblasser pflegebedürftig i.S. des § 14 Abs. 1 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch

(hier in der Fassung des Streitjahres 2012) und einer Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zugeordnet war.

RA und Notar Krau

Die Klägerin erbte von ihrer Mutter, die sie über 10 Jahre lang bis zu ihrem Tod gepflegt hatte.

Das Finanzamt verweigerte die Gewährung des Pflegefreibetrags nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG, da die Klägerin als Tochter der Erblasserin gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet gewesen sei.

Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Erbschaftsteuer Pflegefreibetrag

Entscheidung des BFH:

Der BFH wies die Revision des Finanzamts zurück und bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts.

Begründung:

  1. Pflegefreibetrag:

Der BFH stellte zunächst die Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegefreibetrags nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG dar:

  • Pflege: Der Begriff „Pflege“ ist weit auszulegen und umfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für eine hilfsbedürftige Person.
  • Unentgeltlichkeit: Die Pflege muss unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt erbracht worden sein.
  • Angemessenes Entgelt: Der Wert des Ererbten muss als angemessenes Entgelt für die Pflege anzusehen sein.
  1. Gesetzliche Unterhaltspflicht:

Der BFH entschied, dass eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Gewährung des Pflegefreibetrags nicht entgegensteht.

Begründung:

Erbschaftsteuer Pflegefreibetrag

  • Keine Verpflichtung zur persönlichen Pflege: Die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern verpflichtet nicht zur persönlichen Pflege. Der Unterhalt ist grundsätzlich in Geld zu leisten.
  • Freiwilligkeit der Pflege: Die Erbringung persönlicher Pflegeleistungen ist eine freiwillige Leistung.
  • Keine Klage auf Pflege: Aus der Pflicht zu Beistand und Rücksicht (§ 1618a BGB) folgt kein klagbarer Anspruch auf Pflege.
  • Sinn und Zweck der Norm: Der Pflegefreibetrag soll ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person honorieren.
  • Keine Anhaltspunkte für einen Ausschluss: Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Pflegeleistungen von nahen Angehörigen vom Pflegefreibetrag ausschließen wollte.
  1. Darlegung und Glaubhaftmachung:

Der BFH stellte klar, dass der Erwerber die Hilfsbedürftigkeit des Erblassers sowie Art, Dauer, Umfang und Wert der Pflegeleistungen darlegen und glaubhaft machen muss.

An die Darlegung und Glaubhaftmachung sind jedoch keine übersteigerten Anforderungen zu stellen.

  1. Anwendung auf den Streitfall:

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts, dass der Klägerin der Pflegefreibetrag zusteht.

Sie hatte ihre Mutter über einen Zeitraum von knapp elf Jahren gepflegt. Der Wert der Pflegeleistungen lag weit über dem Freibetrag von 20.000 Euro.

Erbschaftsteuer Pflegefreibetrag

Leitsätze:

  • Der Begriff „Pflege gewähren“ in § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist grundsätzlich weit auszulegen.
  • Für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist es nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI ist.
  • Die aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht schließt die Gewährung des Pflegefreibetrags nicht aus.
RA und Notar Krau

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