Erbschaftsteuer und Bürgerliches Recht

Mai 31, 2025

Erbschaftsteuer und Bürgerliches Recht

Die Erbschaftsteuer orientiert sich grundsätzlich am Bürgerlichen Recht. Das bedeutet, dass die rechtliche Situation und die Begriffe des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Grundlage für die Besteuerung bilden. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung, die sich vom BGB löst, ist meist nicht relevant. Nur in Ausnahmefällen kann eine wirtschaftliche Sichtweise herangezogen werden, um zu verhindern, dass der Sinn des Erbschaftsteuergesetzes umgangen wird.

Bei Immobilien ist beispielsweise entscheidend, wer zum Zeitpunkt des Erbfalls Eigentümer war, nicht ob jemand bereits ein Anwartschaftsrecht durch eine Auflassung erworben hatte.

Das Erbschaftsteuerrecht wirkt sich auch auf das Bürgerliche Recht aus. Dies zeigt sich sowohl bei der Planung von Rechtsgeschäften (z.B. Testamenten) als auch bei der Auslegung bestimmter Gesetze.

Erbschaftsteuer und Bürgerliches Recht

Die Finanzbehörden verlassen sich in der Regel auf den im Erbschein bestätigten Erben. Nur wenn es deutliche Anzeichen gibt, die gegen die Richtigkeit des Erbscheins sprechen, können sie davon abweichen.

Ein Erbvergleich, also eine Einigung über strittige Erbrechtsfragen, wird für die Besteuerung anerkannt, solange er seinen Ursprung im Erbrecht hat. Wenn Erben sich jedoch nach dem Todesfall auf Vereinbarungen einigen, die wesentlich vom Testament abweichen, hat dies keine Auswirkung auf die Erbschaftsteuer.

Im deutschen Erbschaftsteuerrecht ist die zivilrechtliche Bewertung der Vermögensgegenstände für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage von zentraler Bedeutung. Dies bedeutet, dass die zivilrechtliche Einordnung und der zivilrechtliche Zustand eines Vermögensgegenstands zum Zeitpunkt des Erbfalls oder der Schenkung grundsätzlich maßgeblich sind.


Grundsatz der Maßgeblichkeit des Zivilrechts

Der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer unterliegen nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) die unentgeltlichen Erwerbe von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden. Für die Bewertung dieser Erwerbe wird auf die Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) verwiesen (§ 12 ErbStG). Das Bewertungsgesetz wiederum knüpft vielfach an die zivilrechtlichen Gegebenheiten an.

Beispiele für die Maßgeblichkeit:

  • Eigentumsübergang bei Grundstücken: Bei Grundstücken ist erbschaftsteuerrechtlich der zivilrechtliche Eigentumsübergang entscheidend. Das bedeutet, dass ein Grundstück bis zur Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bei den Erben des Veräußerers erfasst wird, auch wenn der Besitz und die Lasten bereits auf den Erwerber übergegangen sind (siehe ErbStR R E 12.2). Die Auflassung und Eintragungsbewilligung allein bewirken noch keinen Eigentumswechsel im zivilrechtlichen Sinne.
  • Gegenstand der Schenkung: Der genaue Gegenstand einer Schenkung bestimmt sich grundsätzlich nach zivilrechtlichen Kriterien.
  • Bestand des Nachlasses: Was zum Nachlass gehört und damit der Erbschaftsteuer unterliegt, richtet sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere nach dem Erbrecht.
  • Rechte und Pflichten: Zum Stichtag des Erbfalls oder der Schenkung sind auch zivilrechtliche Rechte und Pflichten, die mit dem Vermögen verbunden sind, zu erfassen und zu bewerten.

Ausnahmen und Besonderheiten

Trotz des grundsätzlichen Vorrangs des Zivilrechts gibt es im Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht auch Abweichungen oder spezielle Bewertungsvorschriften, die eine eigenständige steuerrechtliche Betrachtung vorsehen:

  • Bedarfsbewertung: Für bestimmte Vermögensarten, insbesondere für Grundbesitz, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, erfolgt die Bewertung nicht nach dem zivilrechtlichen Wert, sondern nach speziellen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes (Bedarfsbewertung). Ziel ist es, einen Verkehrswert zu ermitteln, der den tatsächlichen Wertverhältnissen möglichst nahekommt. Hier kommen je nach Art des Vermögens Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren zur Anwendung.
  • Betriebsvermögen: Ob ein zugewendetes Vermögen zum Betriebsvermögen gehört, richtet sich nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts. Die Bewertung selbst erfolgt dann nach den speziellen Regeln des BewG für Betriebsvermögen.
  • Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Während im Ertragsteuerrecht oft die wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 39 AO) dominiert, ist diese im Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht grundsätzlich nicht anzuwenden. Hier ist der zivilrechtliche Eigentümer des Vermögens maßgeblich.

Fazit

Die zivilrechtliche Einordnung und der zivilrechtliche Zustand eines Vermögensgegenstands sind der Ausgangspunkt für die erbschaftsteuerliche Bewertung. Das Erbschaftsteuerrecht baut in vielen Bereichen auf den zivilrechtlichen Strukturen auf. Allerdings werden für die eigentliche Wertermittlung von bestimmten Vermögensarten, wie Immobilien oder Betriebsvermögen, eigenständige, im Bewertungsgesetz definierte Verfahren angewendet, die darauf abzielen, den gemeinen Wert (Verkehrswert) zu ermitteln. Diese bedarfsorientierten Bewertungen können vom rein zivilrechtlichen Buchwert oder den Anschaffungskosten abweichen.

Da die Materie komplex ist und stets aktuelle Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen zu beachten sind, ist es bei konkreten Fällen ratsam, fachkundigen Rat einzuholen.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Überwachung auf dem eigenen Grundstück

Überwachung auf dem eigenen Grundstück

Juni 11, 2025
Überwachung auf dem eigenen Grundstück: Wann verletzt sie die Rechte der Nachbarn?Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1…
Bauträgervertrag - Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!

Bauträgervertrag – Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!

Juni 9, 2025
Bauträgervertrag – Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!RA und Notar KrauIn einem Fall vor dem La…
Was bedeutet "fertiggestellt" bei Bauverträgen?

Was bedeutet „fertiggestellt“ bei Bauverträgen?

Juni 9, 2025
Was bedeutet „fertiggestellt“ bei Bauverträgen?KG, 27.05.2025 – 21 W 8/25RA und Notar KrauDas Kammergericht Berlin hat eine wichtige Ent…