Erbschaftsteuer vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch

Juli 17, 2017

Erbschaftsteuer vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch

BFH II R 21/14

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch ist Teil des Nachlasses und unterliegt beim Erben der Besteuerung aufgrund Erbanfalls.

Die Geltendmachung des Anspruchs durch den Erben ist hierfür nicht erforderlich.

Sachverhalt:

Der Kläger war Alleinerbe seines Vaters (E), der vor seinem Tod das Erbe seiner vorverstorbenen Ehefrau (EF) ausgeschlagen hatte.

Nach dem Tod des Vaters machte der Kläger den daraus resultierenden Pflichtteilsanspruch des E am Nachlass der EF geltend.

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte diesen Pflichtteilsanspruch bei der Erbschaftsteuerfestsetzung des Klägers, da es ihn als Teil des ererbten Nachlasses ansah.

Rechtsfrage:

Ist ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch Teil des Nachlasses und damit beim Erben der Besteuerung aufgrund Erbanfalls unterworfen,

oder unterliegt er erst mit seiner Geltendmachung durch den Erben der Erbschaftsteuer?

Entscheidung des BFH:

Der BFH wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts.

Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch gehört zum Nachlass und unterliegt beim Erben der Besteuerung aufgrund Erbanfalls.

Die Geltendmachung des Anspruchs durch den Erben ist hierfür nicht erforderlich.

Begründung:

Erbschaftsteuer vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch

  • Erwerb von Todes wegen: Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen u.a. der Erwerb durch Erbanfall. Erbanfall ist der Übergang der Erbschaft als Ganzes auf den oder die Erben (§ 1922 BGB).
  • Pflichtteilsanspruch als Teil des Nachlasses: Der Pflichtteilsanspruch entsteht bereits mit dem Erbfall als Vollrecht und gehört zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten (§ 2317 BGB). Er ist vererblich und übertragbar und gehört somit beim Ableben des Pflichtteilsberechtigten zu dessen Nachlass.
  • Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs: Zwar gilt ein Pflichtteilsanspruch nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative ErbStG erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er geltend gemacht wird. Dies betrifft jedoch nur den originären Erwerb des Pflichtteilsanspruchs durch den Pflichtteilsberechtigten selbst. Bei einem ererbten (derivativen) Pflichtteilsanspruch ist die Geltendmachung für die Besteuerung nicht erforderlich.
  • Keine doppelte Besteuerung: Der originär erworbene und geltend gemachte Pflichtteilsanspruch wird nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative ErbStG besteuert, während der ererbte Pflichtteilsanspruch beim Erben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative ErbStG besteuert wird. Macht der Erbe den Pflichtteilsanspruch später geltend, so entsteht dafür keine weitere Erbschaftsteuer.

Konsequenzen:

  • Das Urteil verdeutlicht, dass ein nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch beim Erben als Teil des Nachlasses der Erbschaftsteuer unterliegt.
  • Erben müssen daher auch nicht geltend gemachte Pflichtteilsansprüche des Erblassers bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer berücksichtigen.
  • Die Entscheidung trägt zur Klarstellung der erbschaftsteuerrechtlichen Behandlung von Pflichtteilsansprüchen bei und vermeidet eine doppelte Besteuerung.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

Der BFH hat entschieden, dass ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch zum Nachlass gehört und beim Erben der Besteuerung aufgrund Erbanfalls unterliegt.

Die Geltendmachung des Anspruchs durch den Erben ist hierfür nicht erforderlich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Geschäftswert für Erstellung Nachlassverzeichnis

Geschäftswert für Erstellung Nachlassverzeichnis

Februar 15, 2025
Geschäftswert für Erstellung NachlassverzeichnisZusammenfassung des Beschlusses des LG Stuttgart vom 29.10.2024 (19 OH 22/23)RA und Notar …
Anforderungen an Pflichtteilsentziehungsgrund

Anforderungen an Pflichtteilsentziehungsgrund

Februar 15, 2025
Anforderungen an PflichtteilsentziehungsgrundRA und Notar KrauDas Urteil des LG München I vom 24.07.2024 (3 O 3026/24) befasst sich mit de…
Teilnachlasspflegschaft für unbekannte Erben

Teilnachlasspflegschaft für unbekannte Erben

Februar 15, 2025
Teilnachlasspflegschaft für unbekannte ErbenOLG Brandenburg, Beschluss vom 11.07.2024 – 3 W 17/24RA und Notar KrauAusgangslage:Nac…