Erbschaftsteuerliche Behandlung von Rentenzahlungen aus einer liechtensteinischen Stiftung
Zusammenfassung des Urteils vom 11. Dezember 2024, II R 50/22, des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Erbschaftsteuer bei Rentenzahlungen
aus dem Vermögen einer liechtensteinischen Stiftung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob mit seinem Urteil vom 11. Dezember 2024 das Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 6. September 2022
auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
Im Kern ging es um die Frage, ob die lebenslangen Rentenzahlungen, die die Tochter (Klägerin) nach dem Tod ihrer Mutter (Erblasserin)
aus dem Vermögen einer von dieser in Liechtenstein gegründeten Stiftung erhalten sollte, der deutschen Erbschaftsteuer unterliegen.
Die Klägerin ist die Tochter der im Jahr 2015 verstorbenen Erblasserin.
Diese hatte 1990 eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht errichtet.
Zweck der Stiftung war die Unterstützung von Angehörigen bestimmter Familien, insbesondere in Bezug auf Erziehung, Bildung und Lebensunterhalt.
Die Stiftung wurde auf Dauer angelegt und unterlag ausschließlich liechtensteinischem Recht.
Die Erblasserin bzw. der von ihr abhängige Stiftungsrat konnten die Begünstigten und die Bedingungen der Begünstigung nach freiem Ermessen bestimmen und ändern.
Die Beistatuten der Stiftung sahen zunächst vor, dass die Erblasserin zu Lebzeiten Alleinbegünstigte war.
Nach ihrem Tod sollte die Klägerin eine lebenslange jährliche Rente in Höhe von … CHF erhalten.
Spätere Änderungen der Beistatuten im Jahr 2008 bestätigten die Erblasserin als Erstbegünstigte und bestimmten die Klägerin als Nachfolgebegünstigte mit einem Anspruch auf eine jährliche Rente von …
CHF, die der Stiftungsrat bei Bedarf auf … CHF erhöhen konnte.
2010 wurde festgelegt, dass die Rentenzahlung an die Klägerin bereits zu Lebzeiten der Erblasserin beginnen sollte; diese Zahlungen wurden bei der Klägerin der Schenkungsteuer unterworfen.
Nach dem Tod der Erblasserin setzte das Finanzamt (FA) die Erbschaftsteuer fest und berücksichtigte dabei die Rentenansprüche der
Klägerin als steuerpflichtigen Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).
Das FA kapitalisierte den Wert der lebenslangen Rente und zog diesen als Bereicherung der Klägerin heran.
Es sah nicht die Übertragung des gesamten Stiftungsvermögens, sondern lediglich den durch die Erblasserin veranlassten Rentenanspruch als steuerpflichtig an.
Der Einspruch der Klägerin gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung blieb erfolglos.
Das FA war der Ansicht, dass sowohl ein Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG als auch ein Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorliege.
Das FG Köln gab der Klage statt.
Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zwar deutsches Erbschaftsteuerrecht anwendbar sei,
die Vererblichkeit von Rechten aus dem Stiftungsrecht sich aber nach liechtensteinischem Recht richte.
Nach diesen Grundsätzen liege kein Erwerb von Todes wegen vor, da das Stiftungsvermögen mit dem Tod der Erblasserin intransparent geworden sei und ihre Herrschaftsbefugnisse erloschen seien.
Auch ein Vertrag zugunsten Dritter liege nicht vor, da die Stiftungssatzung und die Beistatuten keinen Vertrag darstellten.
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zurück.
Er begründete dies damit, dass das FG keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob im vorliegenden Fall ein Erwerb durch
Schenkung auf den Todesfall gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG in Verbindung mit § 2301 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vorliegt.
Der BFH führte aus, dass eine Schenkung auf den Todesfall ein Schenkungsversprechen unter der Bedingung darstellt, dass der Beschenkte den Schenker überlebt.
Im Falle eines solchen Versprechens erlangt der Beschenkte mit dem Tod des Schenkers einen Anspruch gegen den Erben auf Erfüllung des Versprechens.
Auf diesen Fall finden die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Für eine wirksame Schenkung sei eine Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung erforderlich (§ 516 BGB), die auch nach dem Tod des Schenkers zustande kommen könne (§§ 130, 153 BGB).
Selbst ein nur durch das Überleben des Beschenkten bedingtes Schenkungsversprechen sei nicht allein deshalb unwirksam,
weil es nicht den Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen oder Schenkungsversprechen genüge.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nehme in solchen Fällen sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB an.
Das FG habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein solches Schenkungsversprechen der Erblasserin hinsichtlich
der Rentenzahlungen an die Klägerin bereits zu Lebzeiten erfolgte oder durch die Stiftung übermittelt wurde.
Daher sei das Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.
Der BFH wies für die erneute Verhandlung darauf hin, dass das FG zunächst das anwendbare Erbstatut zu prüfen habe.
Da die Erblasserin zum Zeitpunkt ihres Todes weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch deutsche Staatsangehörige war, bestünden Anhaltspunkte dafür, dass deutsches Erbrecht gemäß Art. 25
des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) in Verbindung mit der Europäischen Erbrechtsverordnung nicht anwendbar sei.
Sollte deutsches Erbrecht Anwendung finden, läge hinsichtlich der Rentenzahlungen weder ein Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG)
noch durch Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ErbStG) noch ein Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) vor.
Das Stiftungsvermögen sei mit dem Tod der Erblasserin intransparent geworden und falle nicht in den Nachlass.
Die Erblasserin sei auch nicht Inhaberin eines vererblichen Rentenstammrechts gewesen.
Ein Vermächtnis scheide aus, da die Stiftung nicht zu dem Kreis der Belasteten gehöre.
Ein Vertrag zugunsten Dritter liege nicht vor, da das Stiftungsgeschäft ein einseitiges Rechtsgeschäft sei und der Begriff des Vertrags in § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eng auszulegen sei.
Sollte ausländisches Erbrecht zur Anwendung kommen, sei zu prüfen, ob nach ausländischem Recht ein dem deutschen Vermächtnis
vergleichbarer Anspruch bestehe und ob die Stiftung damit beschwert sein könne.
Der BFH wies ferner darauf hin, dass unter Umständen der Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alt. 2 ErbStG
hinsichtlich der aus dem Stiftungsvermögen ausgeschütteten Rentenzahlungen in Betracht kommen könnte, dies aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei.
Die Kostenentscheidung wurde dem FG übertragen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der BFH die erbschaftsteuerliche Behandlung von Rentenzahlungen
aus einer liechtensteinischen Stiftung im vorliegenden Fall noch nicht abschließend beurteilt hat.
Er sieht jedoch die Möglichkeit einer Besteuerung als Schenkung auf den Todesfall und hat das FG angewiesen, dies sowie das anwendbare Erbstatut erneut zu prüfen.
Die klassischen Erwerbstatbestände des Erbanfalls, des Vermächtnisses und des Vertrags zugunsten Dritter nach deutschem Erbrecht
sah der BFH im Hinblick auf die spezifische Konstruktion der liechtensteinischen Stiftung und die Ausgestaltung der Rentenzahlungen kritisch.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.