Erbscheinsverfahren Nachweis der Abstammung bei nicht vorhandenen öffentlichen Urkunden – OLG Hamm Beschluss vom 20/3/2015 – I 10 W 151/14
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Der Erblasser X verstarb am 27. Oktober 2009 in H, seinem letzten Wohnsitz.
Er war ledig und wurde am 1929 in L geboren.
Zur Sicherung und Verwaltung seines Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben ordnete das Amtsgericht Gütersloh eine Nachlasspflegschaft
an und bestellte Rechtsanwalt E in H als Nachlasspfleger.
Der Nachlasspfleger konnte in den Hinterlassenschaften des Erblassers nur Hinweise auf die mütterliche Verwandtschaft finden
und regte die Einschaltung eines professionellen Erbenermittlungsinstituts an.
Der Antragsteller, unterstützt von der I Bank AG, beantragte mit notariell beurkundetem Antrag vom 7. September 2012
beim Amtsgericht Gütersloh die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge.
Dieser sollte ihn und die übrigen Verfahrensbeteiligten als (entferntere) Abkömmlinge der Großeltern des Erblassers sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits als quotale Erben ausweisen.
Das Amtsgericht Gütersloh wies den Antrag durch Beschluss vom 26. Mai 2014 zurück.
Es begründete seine Entscheidung damit, dass keine Nachweise für die Abstammung des Erblassers vorlägen.
Der Antragsteller habe weder die erforderlichen Personenstandsurkunden vorgelegt noch sich auf andere Beweismittel bezogen,
die ähnliche klare und verlässliche Folgerungen hinsichtlich der Abstammung ermöglichten.
Zudem fehlten für verschiedene Personen der behaupteten großelterlichen Linie väterlicherseits geeignete Abstammungsnachweise.
Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller am 25. Juni 2014 Beschwerde ein.
Er argumentierte, dass das Nachlassgericht die angebotenen Erbbeweise nicht ausreichend gewürdigt habe, naheliegende Erkenntnisquellen zur Abstammung
nicht genutzt und das erforderliche Beweismaß im Erbscheinsverfahren unverhältnismäßig verschärft habe.
Er verwies auf eidesstattliche Versicherungen und weitere eingereichte Korrespondenz sowie Familienfotos.
Das OLG Hamm wies die Beschwerde des Antragstellers zurück.
Es stellte fest, dass das Nachlassgericht den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zu Recht zurückgewiesen hatte,
da die dem Antrag zugrunde liegende Erbfolge nicht in der nach § 2356 BGB erforderlichen Weise nachgewiesen worden war.
Auch das vertiefende und ergänzende Vorbringen der Beschwerde ermöglichte nicht die erforderlichen Feststellungen der Verwandtschaftsverhältnisse.
Nachweis durch öffentliche Urkunden:
Wer die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt, muss gemäß § 2354 BGB das Verhältnis angeben,
auf dem sein Erbrecht beruht, und die Richtigkeit dieser Angaben durch öffentliche Urkunden nachweisen.
Wenn öffentliche Urkunden nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten beschafft werden können, genügen andere Beweismittel (§ 2356 BGB).
Andere Beweismittel:
Die „anderen Beweismittel“ müssen ähnlich klare und hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen ermöglichen wie eine öffentliche Urkunde.
Das Nachlassgericht muss sich von den maßgebenden Verhältnissen überzeugen können.
An die Beweisführung über § 2356 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen.
Geburtsschein und Personalakten:
Der im Beschwerdeverfahren vorgelegte Geburtsschein belegte nur den Namen, Ort und Zeit der Geburt des Erblassers, nicht aber seine Abstammung.
Die in den Personalakten des Erblassers gemachten Angaben zu seiner Herkunft vermochten lediglich zu belegen, dass ihm diese Herkunft zeitlebens vermittelt worden war.
Eidesstattliche Versicherungen:
Die eidesstattlich versicherten Angaben der Verfahrensbeteiligten, die den Erblasser als Sohn der angegebenen Eltern gekannt hatten,
reichten ebenfalls nicht aus, um eine Abstammung nachzuweisen, die der Beweiskraft öffentlicher Urkunden vergleichbar wäre.
Weitere Indizien:
Auch die weiteren eingereichten Indizien, wie die Aufgebotsunterlagen zur Eheschließung der Eltern und der gemeinschaftliche Erbschein
des AG Warendorf von 1958, reichten nicht aus, um die behauptete Abstammung des Erblassers sicher nachzuweisen.
Das OLG Hamm kam zu dem Schluss, dass die eingereichten Beweismittel nicht ausreichten, um die erforderlichen Feststellungen
zur Abstammung des Erblassers und somit zur gesetzlichen Erbfolge der Verfahrensbeteiligten zu treffen.
Es wies die Beschwerde des Antragstellers zurück und setzte den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 350.000 EUR fest.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde nicht erteilt, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.
Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 84 FamFG, wonach die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens vom Beschwerdeführer zu tragen sind.
Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht die hohen Anforderungen an den Nachweis der Abstammung im Erbscheinsverfahren.
Selbst wenn öffentliche Urkunden nicht verfügbar sind, müssen andere Beweismittel ähnlich klare und verlässliche Schlussfolgerungen ermöglichen.
In diesem Fall konnte der Antragsteller diesen Nachweis nicht erbringen, weshalb sein Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zurückgewiesen wurde.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.