Der Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 16. April 2014 befasst sich mit der Frage,
welches von mehreren Testamenten einer Erblasserin wirksam ist und ob ihr ein Erbschein erteilt werden kann.
Der Fall:
Erbschein trotz fragwürdiger Testamente zweifelhafte Testierfähigkeit
Die Erblasserin hatte drei Testamente hinterlassen: ein eigenhändiges Testament, ein notarielles Testament und ein weiteres eigenhändiges Testament auf einer Weihnachtskarte.
Es waren Zweifel an ihrer Testierfähigkeit aufgekommen.
Das Nachlassgericht wies die Erbscheinsanträge der Beteiligten zurück.
Die Entscheidung des Gerichts:
Das OLG Hamm änderte die Entscheidung des Nachlassgerichts und erteilte der Beteiligten zu 2) (einer Stiftung) einen Erbschein.
Das notarielle Testament war wirksam, da die Erblasserin testierfähig war und kein Beurkundungsverbot für den Notar bestand.
Das letzte Testament auf der Weihnachtskarte war unwirksam, da es der Erblasserin am Testierwillen fehlte.
Zentrale Punkte des Beschlusses:
Erbschein trotz fragwürdiger Testamente zweifelhafte Testierfähigkeit
- Testierfähigkeit: Die Erblasserin war testierfähig, da sie die Bedeutung ihrer Willenserklärung einschätzen und danach handeln konnte. Eine leichte Gedächtnisschwäche steht der Testierfähigkeit nicht entgegen.
- Beurkundungsverbot: Für den Notar, der das Testament beurkundete, bestand kein Beurkundungsverbot, da er aus dem Testament keinen persönlichen Vorteil zog.
- Testierwille: Der Erblasserin fehlte bei der Abfassung des letzten Testaments der Testierwille, da sie lediglich eine Gedächtnisstütze für ein späteres Testament erstellen wollte.
- Auslegung von Testamenten: Bei der Auslegung von Testamenten ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen. Zweifelhafte Fälle sind im Sinne des Erblassers auszulegen.
- Erbschein: Die Beteiligte zu 2) hatte Anspruch auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin, da sie im wirksamen Testament als Erbin eingesetzt worden war.
Bedeutung des Beschlusses:
Der Beschluss liefert wichtige Kriterien für die Beurteilung der Wirksamkeit von Testamenten und die Erteilung eines Erbscheins.
Er zeigt, dass auch bei Zweifeln an der Testierfähigkeit ein Testament wirksam sein kann, wenn die Testierfähigkeit im Einzelfall nachgewiesen werden kann.
Der Beschluss hat damit große praktische Bedeutung für die Abwicklung von Erbfällen.