Erbschein Zeitpunkt der Zeugung eines Abkömmlings
OLG Köln 2 Wx 114/16
Urteil vom 04.07.2016,
Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins,
Einziehung,
Die Erblasserin verstarb am 18.12.2010.
Ihre Tochter (Frau I) schlug die Erbschaft aus.
Daraufhin wurde ein Erbschein erteilt, der die beiden Söhne der Erblasserin (Beteiligte zu 1) und 2)) als Erben zu je ½ Anteil auswies.
Am 21.09.2011 wurde die Beteiligte zu 3) als Tochter von Frau I geboren.
Sie beantragte die Einziehung des Erbscheins und die Erteilung eines neuen Erbscheins, der sie als Miterbin ausweist.
Sie argumentierte, dass sie bereits am 12./13.12.2010 gezeugt worden sei und somit gemäß § 1923 Abs. 2 BGB als vor dem Erbfall geboren gelte.
Das Nachlassgericht holte ein gynäkologisches Gutachten ein und stellte fest, dass die Beteiligte zu 3) zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits gezeugt war.
Der Sohn der Erblasserin (Beteiligter zu 2)) legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
Entscheidung des OLG Köln:
Das OLG Köln gab der Beschwerde statt und wies den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3) ab.
Begründung:
Nach § 1923 Abs. 2 BGB gilt ein zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht lebender Abkömmling als vor dem Erbfall geboren, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits gezeugt war.
Als Zeitpunkt der Zeugung ist die Einnistung des Eis in die Gebärmutter (Nidation) anzusehen.
Die Beweislast hierfür trägt das Kind.
Im vorliegenden Fall konnte nicht mit ausreichender Gewissheit festgestellt werden, dass die Einnistung vor dem Erbfall stattgefunden hatte.
Der Sachverständige kam in seiner Anhörung vor dem Senat zu dem Ergebnis, dass die Einnistung zwischen dem 18. und 26. Dezember 2010 erfolgt sein muss.
Damit war nicht auszuschließen, dass die Einnistung erst nach dem Tod der Erblasserin stattfand.
Die Ausführungen des Sachverständigen im schriftlichen Gutachten waren nicht geeignet, den Senat von einer Einnistung vor dem Erbfall zu überzeugen.
Die dort zugrunde gelegte Methode war unsicherer als die im Rahmen der Anhörung angewandte Methode.
Zudem ergab sich auch bei Zugrundelegung des schriftlichen Gutachtens nicht mit ausreichender Gewissheit eine Einnistung vor dem Erbfall.
Die Einholung eines weiteren Gutachtens war nicht veranlasst.
Die von der Beteiligten zu 3) gegen den Sachverständigen erhobenen Vorwürfe waren nicht entscheidungserheblich.
Fazit:
Das OLG Köln stellte klar, dass für die Anwendung des § 1923 Abs. 2 BGB der Zeitpunkt der Einnistung des Eis in die Gebärmutter maßgeblich ist.
Die Beweislast hierfür trägt das Kind.
Im Zweifel geht ein offenes Beweisergebnis zu Lasten des Kindes.
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