Erbscheinsantrag – Testamentsauslegung -Ersatzerbenanordnung – KG Berlin Beschluss vom 17. Januar 2020 – 6 W 58/19
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Der Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 17. Januar 2020 befasst sich mit der Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 1–3 gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Lichtenberg vom 5. November 2019 im Nachlassverfahren.
Die wichtigsten Punkte und Gründe für die Entscheidung sind im Folgenden zusammengefasst:
Hintergrund:
Erblasser:
Der kinderlose und verwitwete Erblasser verstarb am 15. Dezember 2018 und hinterließ zwei Testamente.
Testament vom 10. Februar 2009:
Eigenhändig geschrieben und unterschrieben, bestimmte seine Schwester Ursula L. zur Alleinerbin.
Testament vom 10. Juni 2018: Eigenhändig geschrieben, aber nicht unterschrieben, bestimmte die Beteiligten zu 1–3 (die Kinder von Ursula L.) zu seinen Erben zu gleichen Teilen.
Beteiligte:
Beteiligte zu 1–3: Kinder von Ursula L.
Beteiligte zu 4: Kind der Halbschwester des Erblassers.
Beteiligte zu 5: Kind einer anderen Schwester des Erblassers, die bereits 2003 verstarb.
Antrag und Erstentscheidung:
Die Beteiligten zu 1–3 beantragten die Ausstellung eines Erbscheins, der sie als Erben zu je einem Drittel ausweist.
Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, da es das Testament vom 10. Februar 2009 so auslegte, dass auch eine Ersatzerbenregelung zugunsten der Abkömmlinge von Ursula L. existiere, zu denen auch der Beteiligte zu 5 gehört.
Beschwerde der Beteiligten zu 1–3:
Die Beschwerde richtete sich gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts, mit der Begründung, dass das Testament vom 10. Februar 2009 keine Ersatzerbenregelung für den Fall des Vorversterbens der Schwester enthielt.
Das Kammergericht bestätigt jedoch die Entscheidung des Nachlassgerichts und weist die Beschwerde zurück.
Unwirksamkeit des Testaments vom 10. Juni 2018:
Das Testament vom 10. Juni 2018 war unwirksam, da es nicht unterschrieben war und somit nicht den formalen Anforderungen eines eigenhändigen Testaments nach § 2247 Abs. 1 und 3 BGB entsprach.
Testament vom 10. Februar 2009:
Die Schwester des Erblassers, Ursula L., war zur Alleinerbin bestimmt, verstarb jedoch bereits 2010. Eine Auslegung des Testaments, ob eine Ersatzerbenregelung gewollt war, ist erforderlich.
Auslegung nach § 2069 BGB:
Eine direkte Anwendung des § 2069 BGB, der eine Ersatzerbenregelung für Abkömmlinge vorsieht, ist nicht möglich, da dieser Paragraph auf Abkömmlinge in direkter Linie abzielt und nicht auf Seitenverwandte wie Geschwister.
Ergänzende Testamentsauslegung:
Es konnte jedoch festgestellt werden, dass der Erblasser mutmaßlich eine Ersatzerbenregelung wollte, die auch die Abkömmlinge seiner Schwester Ursula L. (einschließlich des Beteiligten zu 5) umfasst.
Hinweise darauf sind die Ausschließung der Halbschwester und deren Tochter von der Erbfolge und die Bezeichnung der Schwester Ursula als „meine Schwester“ im Testament.
Diese Auslegung wird auch durch allgemeine Lebenserfahrung gestützt, dass der Erblasser wahrscheinlich eine Regelung zugunsten der Familie seiner Schwester wollte.
Schlussfolgerung:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1–3 hatte keinen Erfolg, da die formwirksame Verfügung vom 10. Februar 2009 aufgrund der ergänzenden Testamentsauslegung als eine Ersatzerbenregelung zugunsten aller Abkömmlinge der Schwester Ursula L. interpretiert wurde, einschließlich des Beteiligten zu 5.
Die Entscheidung über die Kosten und die Festsetzung des Nachlasswertes wurde aufgrund der noch fehlenden Nachlasswertangabe vertagt.
Bedeutung:
Dieser Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der genauen Formvorschriften bei Testamenten und die umfassende Prüfung und Auslegung durch die Gerichte, um den mutmaßlichen Willen des Erblassers zu ermitteln, insbesondere wenn Testamente formale Mängel aufweisen oder unklar formuliert sind.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.