Erbscheinsverfahren – Ermittlung des Testierwillens durch das Nachlassgericht

Juni 16, 2019

Erbscheinsverfahren – Ermittlung des Testierwillens durch das Nachlassgericht

Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 18.5.2004 – 1Z BR 007/04

RA und Notar Krau

Aufklärungspflicht bei Anhaltspunkten für die Testierunfähigkeit des Erblassers bei Errichtung eines undatierten Testaments

In dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 18. Mai 2004 (Az.: 1Z BR 007/04) geht es um ein Erbscheinsverfahren,

in dem die Ermittlung des Testierwillens der Erblasserin sowie die gerichtliche Aufklärungspflicht bezüglich ihrer Testierfähigkeit im Fokus stehen.

Die kinderlose und geschwisterlose Erblasserin, eine 2000 verstorbene 83-jährige Frau mit niederländischer Staatsangehörigkeit, hatte ein gemeinschaftliches Testament mit ihrem

verstorbenen Ehemann erstellt und in einem Umschlag zwei handschriftliche Zettel hinterlassen, die unterschiedliche testamentarische Verfügungen enthalten.

Der Beteiligte zu 3, der letzte Überlebende der Familie St., beantragte einen Alleinerbschein aufgrund dieser Verfügungen.

Die Beteiligten zu 1 und 2, ebenfalls entfernte Verwandte, beantragten hingegen einen Erbschein, der die gesetzliche Erbfolge bezeugt.

Das Nachlassgericht entschied zugunsten des Beteiligten zu 3, was vom Landgericht Bayreuth bestätigt wurde.

Gegen diese Entscheidung legten die Beteiligten zu 1 und 2 erfolgreich Beschwerde ein.

Erbscheinsverfahren – Ermittlung des Testierwillens durch das Nachlassgericht

Das Bayerische Oberste Landesgericht hob den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück zur erneuten Entscheidung.

Es wurde festgestellt, dass das Landgericht seiner Aufklärungspflicht nicht vollständig nachgekommen sei, insbesondere hinsichtlich der Testierfähigkeit der Erblasserin.

Zwar hatte das Landgericht die Niederschrift auf der Rückseite eines der Zettel als testamentarische Verfügung

zugunsten der Familie St. interpretiert, jedoch wurde die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Niederschrift nicht ausreichend geprüft.

Hinweise auf mögliche Wahnvorstellungen und Ängste der Erblasserin, die zur Einrichtung einer Betreuung Ende 1999 führten,

hätten zu weiteren Ermittlungen Anlass geben müssen, insbesondere da das betreffende Testament undatiert war.

Das Gericht betonte, dass die Feststellung der Testierfähigkeit entscheidend ist, und dass im Zweifelsfall, wenn kein sicherer Zeitpunkt der Testamentserrichtung ermittelt werden kann, die

Beweislast für die Testierunfähigkeit bei denjenigen liegt, die die Unwirksamkeit des Testaments geltend machen.

Somit war eine weitere gerichtliche Untersuchung erforderlich, um die Testierfähigkeit der Erblasserin zu klären und eine endgültige Entscheidung über die Erbfolge zu treffen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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