Erbscheinsverfahren Prüfung Beschwerdeberechtigung – Beteiligung minderjähriger Kinder
OLG Celle 6 W 16/17
Erbscheinsverfahren:
Amtswegige Prüfung der Beschwerdeberechtigung bei ausdrücklicher Nicht-Geltendmachung eines Beschwerderechts;
Zurückverweisung bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung minderjähriger Kinder
Beschwerdeberechtigung besteht auch, wenn sie trotz Bestehens ausdrücklich nicht geltend gemacht wird.
Die Möglichkeit der Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht von Amts wegen ist gegeben, wenn das Nachlassgericht
im Erbscheinsverfahren minderjährige Erbprätendenten nicht ordnungsgemäß beteiligt hat,
indem es deren Mutter die Vertretung im Erbscheinsverfahren nicht entzogen und ihnen statt dessen insoweit einen Ergänzungspfleger nicht bestellt hat.
vorgehend AG Bremervörde, 4. November 2016, Az: 2 VI 158/16
Tenor
Der angefochtene Beschluss und das ihm zugrunde liegende Verfahren werden aufgehoben.
Die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Dieses wird auch zu entscheiden haben, ob es die zur Durchführung dieses Beschwerdeverfahrens notwendigen Aufwendungen
eines Beteiligten einem anderen in entgegengesetztem Sinne Beteiligten auferlegt.
Das Rechtsmittel ist zulässig und in dem aus der Formel dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang begründet.
Die Beteiligten zu 2 und 3 sind durch den angefochtenen Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG), obwohl sie
„darauf hinw(ei)sen, dass (sie) nicht in eigenem Interesse handel-(te)n, sondern lediglich den Wunsch (des Erblassers) berücksichtigt wissen woll-(t)en …,
dass die vier Kinder angemessen berücksichtigt w(ü)rden.“
1. Da, wenn jemand das von ihm beanspruchte Erbrecht schon nach dem von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt nicht haben kann, seine Beschwerde nicht unzulässig,
sondern von Amts wegen gleichwohl zu prüfen ist, ob das Amtsgericht den von ihm in Aussicht gestellten Erbschein erteilen darf, ist
umgekehrt dieses ebenso zu prüfen, wenn jemand, der Beschwerde führt, ein Erbrecht haben kann, ein solches indessen ausdrücklich nicht für sich beansprucht.
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, wenn ein Berechtigter Beschwerde eingelegt habe, seien Beschränkungen des Prüfungsumfangs auf Begründetheitsebene nicht mehr möglich.
2. Die Beteiligten zu 2 und 3, Eltern des Erblassers, kommen, falls ihre Ansicht zutrifft, das gemeinschaftliche
Testament des Erblassers und der Beteiligten zu 1, dessen Ehefrau, sei unwirksam, als dessen Erben in Betracht aufgrund des von dem Erblasser errichteten Einzeltestamentes.
In diesem hat der Erblasser sein Vermögen nach Einzelgegenständen unter seinen vier Kindern, der Beteiligten zu 1
sowie den Beteiligten zu 2 und 3 aufgeteilt, bezogen auf letztgenannte durch die Verfügung
„Dafür bekommen meine Eltern S….“
Das Amtsgericht hat in der Sache noch nicht entschieden
1. Es hat die Kinder der Beteiligten zu 1 und Enkelkinder der Beteiligten zu 2 und 3, die es nach pflichtgemäßem Ermessen als Beteiligte hinzuziehen musste,
weil sie nach dem Inhalt des 1. Testamentes als Erben des Erblassers in Betracht kommen und nach den äußeren Umständen (Errichtung kurz vor dem Tod des Erblassers,
zwei Unterschriften des Erblassers statt einer und deren undeutliches Erscheinungsbild, Mitzeichnung einer Zeugin) Zweifel an der Wirksamkeit des 2. Testamentes bestehen, nicht wirksam hinzugezogen
Das Amtsgericht hat die Kinder der Beteiligten zu 1 zu deren Händen als gesetzlicher Vertreterin beteiligt,
obwohl es den Kindern einen Ergänzungspfleger für die Vertretung im Erbscheinsverfahren hätte bestellen müssen,
nachdem es der Beteiligten zu 1 die Vertretung ihrer Kinder in diesem Verfahren entzogen hatte
Das Interesse der Kinder steht in erheblichem Gegensatz zu demjenigen der Beteiligten zu 1
Während der Beteiligten zu 1 daran liegt, als Alleinerbin des Erblassers aufgrund des 2. Testamentes ausgewiesen zu sein,
wie sich an ihrer Antragstellung im Verfahren und bedenkenlosen Vertretung ihrer Kinder dem Nachlassgericht gegenüber in ihrem – der Beteiligten zu 1 – Sinne zeigt,
können die Kinder mit guten Gründen Wert darauf legen, die Unwirksamkeit des vorbezeichneten Testamentes geltend
zu machen und zumindest als Miterben des Erblassers aufgrund des 1. Testamentes zu gelten
2. Der Senat hat nach pflichtgemäßem Ermessen davon abgesehen, selbst für die Bestellung eines Ergänzungspflegers
für die Kinder der Beteiligten zu 1 durch das Familiengericht zu sorgen, um alsdann selbst abschließend entscheiden zu können.
Er bewertet das berechtigte Interesse der Kinder der Beteiligten zu 1 daran, nicht eine Tatsacheninstanz zu verlieren,
höher als Mehrkosten, die den bislang Beteiligten durch die Zurückverweisung entstehen können.
Es bleibt abzuwarten, wie die Kinder der Beteiligten zu 1 sich, ordnungsgemäß vertreten, zu deren Erbscheinsantrag stellen.
Nicht auszuschließen ist, dass diese Stellungnahme weitere Ermittlungen, insbesondere hinsichtlich der Frage der Testierfähigkeit des Erblassers,
als er zum 2. Mal letztwillig verfügte, nach sich zieht.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.