Erbscheinsverlangen durch Grundbuchamt bei Mehrdeutigkeit der letztwilligen Verfügung
OLG Naumburg 12 Wx 62/14
Dieser Fall befasst sich mit der Frage, wann ein Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangen kann, obwohl ein notarielles Testament vorliegt.
Das Oberlandesgericht Naumburg entschied, dass dies zulässig ist, wenn die Auslegung des Testaments Zweifel an der eindeutigen Erbfolge aufwirft.
Hintergrund
Im vorliegenden Fall erbten die Ehefrau und drei Kinder des Erblassers zu je einem Viertel seinen Nachlass.
Die Ehefrau wurde als Vorerbin eingesetzt, die Kinder als Nacherben.
Für den Fall, dass ein Kind ohne Abkömmlinge stirbt, sollte der überlebende Geschwisterteil erben.
Nach dem Tod des Erblassers und seiner Ehefrau verstarb eine der Töchter kinderlos.
Ihre beiden Schwestern beantragten daraufhin die Berichtigung des Grundbuchs, sodass sie als Miteigentümerinnen zu je 1/2 eingetragen werden.
Das Grundbuchamt lehnte dies ab und verlangte die Vorlage eines Erbscheins, um die Erbfolge nach der verstorbenen Schwester zu klären.
Zentrale Rechtsfrage
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangen durfte, obwohl ein notarielles Testament vorlag.
Gemäß § 35 GBO ist der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen.
Liegt jedoch eine Verfügung von Todes wegen in öffentlicher Urkunde vor, genügt diese in der Regel.
Das Grundbuchamt kann aber auch in diesem Fall einen Erbschein verlangen, wenn es die Erbfolge durch die Urkunde nicht für nachgewiesen hält.
Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht Naumburg bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamts.
Es führte aus, dass das Grundbuchamt zwar grundsätzlich zur Auslegung von Testamenten verpflichtet sei, jedoch nur dann einen Erbschein verlangen dürfe,
wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen geklärt werden können.
Im vorliegenden Fall sei die Auslegung des Testaments nicht eindeutig.
Es sei unklar, ob der Erblasser für den Fall der Kinderlosigkeit eines Kindes eine Vorerbenstellung des vorversterbenden Kindes und eine Nacherbenberufung
der überlebenden Geschwister habe vornehmen wollen oder ob es sich um eine Ersatzerbenbestimmung handle, die nur dann eingreife, wenn ein Kind vor dem Erblasser verstirbt.
Da die Auslegung des Testaments somit unterschiedliche Möglichkeiten zulasse, sei die Vorlage eines Erbscheins erforderlich, um die Erbfolge zweifelsfrei festzustellen.
Das Grundbuchamt sei nicht befugt, die notwendigen Ermittlungen zur Klärung des Erblasserwillens durchzuführen.
Dies sei Aufgabe des Nachlassgerichts.
Fazit
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg verdeutlicht, dass die Vorlage eines Erbscheins auch dann erforderlich sein kann, wenn ein notarielles Testament vorliegt.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Auslegung des Testaments Zweifel an der eindeutigen Erbfolge aufwirft.
In solchen Fällen ist es Aufgabe des Nachlassgerichts, den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln.
Zusätzliche Informationen
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Wichtige Punkte aus dem Beschluss:
Relevanz für die Praxis:
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg ist für die Praxis von großer Bedeutung.
Sie zeigt, dass die Errichtung eines notariellen Testaments nicht in jedem Fall ausreichend ist, um die Erbfolge zweifelsfrei zu regeln.
Bei Unklarheiten in einem Testament kann es erforderlich sein, einen Erbschein zu beantragen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Auslegung des Testaments strittig ist.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.