Erbscheinverfahren – Testament nicht auffindbar – Vorlage Kopie – Beweismittel
Brandenburgisches OLG 3 W 79/18
Der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (3 W 79/18) hebt eine Entscheidung des Amtsgerichts Bad Liebenwerda auf,
das den Antrag einer Frau abgelehnt hatte, ihr einen Erbschein für den Nachlass ihres verstorbenen Ehemanns zu erteilen.
Die Frau hatte behauptet, dass sie zusammen mit dem Verstorbenen, der ihr Onkel und späterer Ehemann war, ein gemeinsames Testament errichtet habe, in dem sie zu 61 % als Erbin eingesetzt sei.
Die Originalurkunde dieses Testaments war nicht mehr auffindbar, aber die Antragstellerin konnte eine digitale Kopie vorlegen, die sie im Jahr 2003 erstellt hatte.
Das Amtsgericht hatte zunächst den Antrag abgelehnt, da es Zweifel an der Echtheit und der formellen Wirksamkeit der vorgelegten Kopie des Testaments hatte.
Das Oberlandesgericht hingegen kam nach einer erneuten Prüfung des Falls, einschließlich der Anhörung der Beteiligten und der Vernehmung einer Zeugin,
zu dem Schluss, dass die vorgelegte Kopie des Testaments mit hoher Wahrscheinlichkeit einem Original entspricht, das der Verstorbene eigenhändig erstellt hatte.
Die Zeugin bestätigte, das Testament auf dem Laptop der Antragstellerin gesehen zu haben, und es gab keine schlüssigen Hinweise darauf, dass das Dokument eine Fälschung sei.
Das Gericht argumentierte, dass es möglich sei, ein Erbrecht auch ohne Originalurkunde nachzuweisen, sofern glaubwürdige Beweise für die Existenz und den Inhalt des Testaments vorliegen.
Auf dieser Grundlage entschied das Oberlandesgericht, dass die Antragstellerin einen Erbschein erhalten soll, der sie zu 61 % als Erbin ausweist.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner, die Kinder des Verstorbenen aus erster Ehe, die ebenfalls Erbansprüche geltend gemacht hatten.
Der Verfahrenswert wurde auf 80.000 Euro festgesetzt.
Ein Erbschein kann unter Umständen auch auf Grundlage einer Kopie eines Testaments erteilt werden. Allerdings sind hierfür strenge Voraussetzungen zu erfüllen.
Für die Erteilung eines Erbscheins ist grundsätzlich die Vorlage des Originaltestaments erforderlich.
Dies dient der Sicherheit des Rechtsverkehrs und soll sicherstellen, dass der Erbschein den tatsächlichen Willen des Erblassers widerspiegelt.
In Ausnahmefällen kann das Nachlassgericht einen Erbschein auch aufgrund einer Kopie eines Testaments erteilen.
Dies ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft:
Der Antragsteller muss dem Gericht gegenüber zweifelsfrei nachweisen, dass ein formgültiges Originaltestament existiert hat und welchen Inhalt dieses hatte.
Dies kann beispielsweise durch Zeugenaussagen, eidesstattliche Versicherungen oder andere Urkunden erfolgen.
Es muss glaubhaft dargelegt werden, wie und warum das Originaltestament verloren gegangen ist.
Es darf kein Anhaltspunkt dafür bestehen, dass der Erblasser das Testament widerrufen wollte und es deshalb vernichtet hat.
Die vorgelegte Kopie darf keine Anzeichen von Fälschung aufweisen und muss mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Original entsprechen.
Letztendlich liegt die Entscheidung, ob ein Erbschein aufgrund einer Kopie erteilt wird, im Ermessen des Nachlassgerichts.
Das Gericht muss sich in der Gesamtschau der Umstände davon überzeugen, dass die Kopie den wahren letzten Willen des Erblassers wiedergibt und keine Zweifel an der Erbfolge bestehen.
Wenn lediglich eine Kopie eines Testaments vorliegt, wird das Nachlassgericht das Erbscheinsverfahren in der Regel besonders sorgfältig durchführen.
Es wird möglicherweise Zeugen vernehmen, Gutachten einholen oder andere Ermittlungen anstellen, um die oben genannten Voraussetzungen zu prüfen.
Die Erteilung eines Erbscheins aufgrund einer Testamentskopie ist möglich, aber nicht die Regel.
Es erfordert einen umfassenden Nachweis der Existenz, des Inhalts und des Verlusts des Originaltestaments sowie der Echtheit der Kopie.
Betroffene sollten sich in dieser Situation unbedingt rechtlich beraten lassen, um die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags einschätzen zu können und die notwendigen Schritte einzuleiten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.