Erbunwürdigkeit Tötungsversuch

Juni 20, 2016

Erbunwürdigkeit Tötungsversuch

BGH IV ZR 400/14

RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in diesem Fall über die Erbunwürdigkeit eines Mannes zu entscheiden, der versucht hatte, seine an Alzheimer erkrankte Ehefrau zu töten.

Der Fall:

Ein Mann und seine Frau hatten sich in einem Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und ihre drei Kinder zu Schlusserben bestimmt.

Die Ehefrau erkrankte an Alzheimer und war im Jahr 2002 nicht mehr kommunikationsfähig.

Sie wurde über eine Magensonde ernährt.

Im Jahr 2012 durchtrennte der Ehemann den Schlauch der Magensonde, um das Leben seiner Frau zu beenden.

Das Pflegepersonal konnte den Schlauch jedoch wieder anschließen.

Die Ehefrau verstarb einen Monat später an einer Lungenentzündung, die in keinem Zusammenhang mit der Tat des Ehemannes stand.

Erbunwürdigkeit Tötungsversuch

Der Ehemann wurde wegen versuchten Totschlags in einem minder schweren Fall verurteilt.

Der Sohn des Ehepaares klagte daraufhin, dass sein Vater als Erbe seiner Mutter für erbunwürdig erklärt wird.

Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies sie jedoch ab.

Der Sohn legte daraufhin Revision beim BGH ein.

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.

Zentrale Punkte des Urteils:

  • Erbunwürdigkeit: Der BGH stellte fest, dass der Ehemann den Tatbestand der Erbunwürdigkeit gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfüllt. Diese Vorschrift erklärt denjenigen für erbunwürdig, der den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht hat.

BGH IV ZR 400/14

  • Keine Ausnahme im vorliegenden Fall: Das Oberlandesgericht hatte argumentiert, dass der Ehemann aus Mitleid gehandelt habe und die Tat daher nicht die Erbunwürdigkeit begründe. Der BGH erkannte jedoch keine Ausnahme von der Regelung des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Er betonte, dass die Vorschrift eine spezifisch erbrechtliche Sanktion auf schwerstes vorsätzlich begangenes Handlungsunrecht darstellt und eine Abwägung im Einzelfall nicht zulässig ist.
  • Kein „Töten auf Verlangen“: Der BGH stellte klar, dass im vorliegenden Fall kein „Töten auf Verlangen“ gemäß § 216 StGB vorlag, da die Ehefrau aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage war, ihren Willen zu äußern. Auch eine Verzeihung durch die Ehefrau gemäß § 2343 BGB war nicht möglich, da sie keine Kenntnis von der Tat ihres Mannes hatte.
  • Keine Patientenverfügung: Da die Ehefrau keine Patientenverfügung hinterlassen hatte, hätte der Ehemann für den Abbruch der künstlichen Ernährung die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen müssen. Dies hatte er jedoch nicht getan.
  • Schuldfähigkeit: Der BGH betonte, dass für die Erbunwürdigkeit die Schuldfähigkeit des Täters erforderlich ist. Das Oberlandesgericht hatte diese Frage offengelassen. Der BGH verwies die Sache daher zurück, damit das Oberlandesgericht die Schuldfähigkeit des Ehemannes prüft.

Bedeutung des Urteils:

Das Urteil des BGH verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Erbunwürdigkeit.

Erbunwürdigkeit Tötungsversuch

Selbst wenn der Täter aus Mitleid handelt, kann er für erbunwürdig erklärt werden, wenn er den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich tötet oder zu töten versucht.

Das Urteil stärkt den Schutz des Erblassers und verhindert, dass Täter durch die Tötung des Erblassers einen Vorteil erlangen.

Offene Fragen:

Der BGH ließ die Frage offen, ob ausnahmsweise keine Erbunwürdigkeit vorliegt, wenn der Erblasser in der Vergangenheit

– auch formlos – geäußert hat, dass er in bestimmten Krankheitsverläufen lebenserhaltende Maßnahmen nicht durchführen lassen möchte.

Diese Frage wird das Oberlandesgericht im weiteren Verfahren zu klären haben.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Februar 9, 2025
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im ErbscheinsverfahrenBeschluss OLG Brandenburg vom 30.12.2024 – 11 VA 3/24RA und Notar Krau…
Nacherbe zahlt nicht für Einziehung Erbschein Vorerbe

Nacherbe zahlt nicht für Einziehung Erbschein Vorerbe

Februar 2, 2025
Nacherbe zahlt nicht für Einziehung Erbschein VorerbeBeschluss des Amtsgerichts Sinsheim vom 19.11.2024 – S 1 VI 52/24RA und Notar Krau…
Anfechtung Testament später geborener Pflichtteilsberechtigter

Anfechtung Testament später geborener Pflichtteilsberechtigter

Januar 30, 2025
Anfechtung Testament später geborener PflichtteilsberechtigterRA und Notar KrauDer Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19.09.2024…