Erbvertrag – Erbeinsetzungen als vertragsmäßige Verfügungen gemäß § 2278 BGB

Mai 8, 2020

Erbvertrag – Erbeinsetzungen als vertragsmäßige Verfügungen gemäß § 2278 BGB

OLG Saarbrücken Beschluss 3.9.2019 – 5 W 49/19

RA und Notar Krau

Sachverhalt und Verfahrensverlauf

Eine Antragstellerin beantragte die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie selbst sowie Frau S. P. G. und Herrn M. G. jun. als Erben

zu gleichen Teilen nach der verstorbenen Erblasserin G. H. G. ausweist.

Die Erblasserin hatte mehrere Verfügungen von Todes wegen hinterlassen, darunter einen Erbvertrag von 1991 und dessen Änderung von 1995, in dem die genannten Personen als Erben eingesetzt wurden.

Ein Neffe der Erblasserin, Beteiligter zu 2., widersprach dem Erbschein unter Verweis auf ein späteres Testament von 2015, das ihn zum Alleinerben erklärte.

Das Amtsgericht Neunkirchen entschied, die im späteren Testament enthaltene Erbeinsetzung sei unwirksam, da die vorausgehende Erbeinsetzung im Erbvertrag als vertragsmäßig auszulegen und damit bindend für die Erblasserin sei.

Gegen diesen Beschluss legte der Beteiligte zu 2. Beschwerde ein, die jedoch vom Saarländischen Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Würdigung

Das Gericht entschied, dass die im Erbvertrag von 1991 und 1995 enthaltenen Erbeinsetzungen als vertragsmäßige Verfügungen gemäß § 2278 BGB auszulegen sind.

Dies bedeutet, dass die Erblasserin durch diese Verfügungen rechtlich gebunden war und sie nicht durch ein späteres Testament widerrufen konnte.

Erbvertrag – Erbeinsetzungen als vertragsmäßige Verfügungen gemäß § 2278 BGB

Vertragsmäßigkeit der Verfügung:

Der Erbvertrag von 1991 enthielt Verfügungen, die von der Erblasserin unter Einverständnis ihres damaligen Ehemanns getroffen wurden.

Diese Verfügungen betrafen die Antragstellerin und die Kinder ihres künftigen Ehemanns, darunter Frau S. P. G. und Herr M. G. jun.


Die Änderung von 1995 modifizierte nur die bedachten Personen, nicht aber die grundsätzliche Erbeinsetzung.

Auch diese Änderung erfolgte unter ausdrücklicher Annahme durch den Ehemann und Hinweis auf die Bindungswirkung.


Interessenlage und Umstände:

Die Einsetzung der Erben in einem Erbvertrag deutet auf eine gewollte Bindung hin, besonders wenn sie nahestehende Personen betrifft.

Hier wurden Kinder beider Ehepartner eingesetzt, was eine gesicherte erbrechtliche Stellung begründen sollte.


Der enge Zusammenhang der Verfügungen mit der Eheschließung und den umfassenden Regelungen des Ehevertrags spricht ebenfalls für die Bindungswirkung.


Nachträgliches Verhalten:

Die erneute Änderung und ausdrückliche Bezugnahme auf den Erbvertrag im Jahre 1995 unterstreicht die vertragliche Bindung und das Bewusstsein der Parteien für diese Bindung.

Erbvertrag – Erbeinsetzungen als vertragsmäßige Verfügungen gemäß § 2278 BGB


Entgegnung der Einwände des Beteiligten zu 2.


Fehlende Wechselbezüglichkeit:

Der Beteiligte zu 2. argumentierte, es fehle an einer Wechselbezüglichkeit der Verfügungen.

Das Gericht stellte klar, dass dies für Erbverträge nicht erforderlich sei, sofern die Vertragsmäßigkeit durch Auslegung nachgewiesen werden kann.


Auflösung der Ehe:

Der Verweis auf § 2077 BGB und die spätere Scheidung der Ehe griff nicht, da der Erbvertrag ausdrücklich festlegte, dass die Verfügungen auch im Falle einer Scheidung gültig bleiben sollten.


Ergebnis


Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. wurde kostenpflichtig zurückgewiesen, da die Erblasserin durch den Erbvertrag gebunden war und das spätere Testament unwirksam war.

Die Erbeinsetzung der Antragstellerin und der anderen genannten Personen blieb bestehen.

Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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