Erbvertrag Ergänzende Vertragsauslegung – OLG Düsseldorf Beschluss 06.12.2011 – I 3 Wx 261/11
RA und Notar Krau
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 befasst sich mit der Frage der ergänzenden Vertragsauslegung eines Erbvertrags im Hinblick auf die Erbeinsetzung eines Sohnes, der später geistig behindert wurde.
Der Fall behandelt die rechtlichen Auswirkungen einer Testierunfähigkeit eines Erben und die Möglichkeit, den Erbvertrag rückwirkend zu ändern, um den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien zu berücksichtigen.
Die Erblasserin, die 1989 verstarb, war zweimal verheiratet.
Aus ihrer zweiten Ehe stammte der Sohn F. G., der im Jahr 2011 unverheiratet und kinderlos verstarb.
F. G. war geistig behindert und testierunfähig.
Die Erblasserin hatte mit ihrem zweiten Ehemann 1940 einen Erbvertrag abgeschlossen, der sie gegenseitig als Alleinerben und ihre Kinder als Erben des Überlebenden bestimmte.
Es gab keine ausdrückliche Bestimmung im Erbvertrag, die eine Änderung bei bestimmten Umständen erlaubte.
1988 verfasste die Erblasserin ein notarielles Testament, das F. G. als Vorerben und ihren Neffen sowie dessen Ehefrau, die Beteiligte, als Nacherben bestimmte.
Nach dem Tod von F. G. machte die Beteiligte geltend, dass der Erbvertrag keine bindende Wirkung habe und das Testament gültig sei.
Sie forderte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist.
Die Beteiligte argumentierte, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 1940 eine Regelungslücke habe, da er nicht den Fall abdecke, dass das einzige Kind testierunfähig sei und keine Abkömmlinge hinterlasse.
Sie behauptete, die Eheleute hätten, wenn sie von der späteren Entwicklung gewusst hätten, einen Änderungsvorbehalt aufgenommen.
Die Erblasserin habe das gesamte Vermögen in die Ehe eingebracht, was zeige, dass es ihr darum ging, die Kinder abzusichern.
Das Amtsgericht wies den Antrag der Beteiligten auf Erteilung eines Erbscheins zurück.
Es argumentierte, dass der Erbvertrag bindend sei und keine Anhaltspunkte für einen Änderungswillen enthalte.
Das Testament von 1988 beeinträchtige das Erbrecht des F. G. als vertragsmäßig Bedachter.
Ein späterer Wegfall der Beeinträchtigung aufgrund des Todes von F. G. sei irrelevant, da die Beeinträchtigung zum Zeitpunkt des Erbfalls entscheidend sei.
Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung.
Es betonte, dass eine ergänzende Vertragsauslegung voraussetze, dass der Erbvertrag Anhaltspunkte für einen Änderungswunsch biete, was hier nicht der Fall sei.
Der Erbvertrag habe keinen ausdrücklichen oder impliziten Vorbehalt enthalten, der eine spätere Änderung erlauben würde.
Der Beschluss zeigt, dass bei Erbverträgen eine hohe Bindungswirkung besteht und eine ergänzende Vertragsauslegung nur in Betracht kommt, wenn der Vertrag selbst Anhaltspunkte dafür bietet, dass die Vertragsparteien eine andere Regelung gewollt hätten.
Im vorliegenden Fall fehlten solche Anhaltspunkte, weshalb das Testament der Erblasserin unwirksam blieb und der Erbvertrag vorrangig war.
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung klarer und ausdrücklicher Regelungen in Erbverträgen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.