Erforderliche Vorlage eines Erbscheins bei Errichtung eines privatschriftlichen Testaments nach Erbvertrag

Mai 31, 2020

Erforderliche Vorlage eines Erbscheins bei Errichtung eines privatschriftlichen Testaments nach Erbvertrag – OLG Frankfurt 20 W 223/2004

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einleitung
    • Hintergrund und Bedeutung des Falles
  2. Sachverhalt
    • Erbvertrag vom 09.11.1998
    • Privatschriftliches Testament vom 14.04.2000
    • Vermögen der Erblasserin
  3. Verfahrensgang
    • Aufforderung zur Vorlage eines Erbscheins durch das Grundbuchamt
    • Antrag auf Grundbuchberichtigung durch den Antragsteller
    • Zwischenverfügung des Grundbuchamts
  4. Entscheidungsgründe
    • Rechtliche Grundlagen
      • § 35 Abs. 1 GBO
      • Notwendigkeit eines Erbscheins bei Vorliegen eines privatschriftlichen Testaments
    • Argumentation des Landgerichts
    • Argumentation des Antragstellers
    • Würdigung durch das OLG Frankfurt
  5. Rechtsfolgen
    • Bestätigung der Zwischenverfügung
    • Tragung der Gerichtskosten durch den Antragsteller
    • Festsetzung des Geschäftswertes
  6. Zusammenfassung und Ausblick
    • Kernaussagen der Entscheidung
    • Bedeutung für zukünftige Fälle

Erforderliche Vorlage eines Erbscheins bei Errichtung eines privatschriftlichen Testaments nach Erbvertrag

Einleitung

Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom 16. September 2004 behandelt die Frage,

ob das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangen kann, wenn der Erblasser nach Abschluss eines Erbvertrags ein privatschriftliches Testament errichtet hat.

Sachverhalt

Die Erblasserin und ihr Ehemann (der Antragsteller) hatten einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.

Der Ehemann sollte Vorerbe sein, die Kinder der Erblasserin aus erster Ehe Nacherben.

Der Erbvertrag enthielt eine Klausel, die der Erblasserin erlaubte, Vermächtnisse zu errichten.

Nach Abschluss des Erbvertrags errichtete die Erblasserin ein privatschriftliches Testament, in dem sie Teile ihres Vermögens,

darunter das streitgegenständliche Grundstück, aufführte und ihrem Ehemann weitreichende Verfügungsrechte einräumte.

Erforderliche Vorlage eines Erbscheins bei Errichtung eines privatschriftlichen Testaments nach Erbvertrag

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Ehemann die Grundbuchberichtigung.

Das Grundbuchamt verlangte die Vorlage eines Erbscheins, da aufgrund des privatschriftlichen Testaments Zweifel an der Erbfolge bestanden.

Kernaussagen des Beschlusses

Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamts und wies die Beschwerde des Ehemanns zurück.

Zentrale Punkte des Beschlusses:

  • Grundsatz: Grundsätzlich genügt bei einem Erbvertrag die Vorlage des Erbvertrags und der Eröffnungsniederschrift für die Grundbuchberichtigung.
  • Ausnahme: Liegt jedoch neben dem Erbvertrag ein weiteres Testament vor, das nicht offenbar ungültig oder unwirksam ist, kann das Grundbuchamt einen Erbschein verlangen.
  • Begründung: Das privatschriftliche Testament könnte den Erbvertrag ändern oder ergänzen. Die Erbfolge ist daher nicht mehr eindeutig aus dem Erbvertrag ersichtlich.
  • Zweifel an der Erbfolge: Im konkreten Fall enthielt das Testament Formulierungen, die Zweifel an der Erbeinsetzung des Ehemanns aufkommen ließen. Es war unklar, ob er nur Vorerbe bleiben oder Vollerbe werden sollte.
  • Ermittlung des Erblasserwillens: Die Auslegung des Testaments und die Ermittlung des Erblasserwillens sind Aufgabe des Nachlassgerichts im Erbscheinsverfahren.

Erforderliche Vorlage eines Erbscheins bei Errichtung eines privatschriftlichen Testaments nach Erbvertrag

Wesentliche Argumente des Gerichts:

  • Das privatschriftliche Testament war nicht offensichtlich ungültig oder unwirksam.
  • Der Erbvertrag enthielt einen Änderungsvorbehalt, der die Errichtung des Testaments erlaubte.
  • Das Testament konnte als Vermächtnis oder als Änderung der Erbeinsetzung ausgelegt werden.
  • Die Formulierungen im Testament ließen Zweifel an der Erbfolge aufkommen.

Bedeutung des Beschlusses

Dieser Beschluss verdeutlicht die Bedeutung des Erbscheins als Nachweis der Erbfolge, insbesondere wenn neben einem Erbvertrag ein weiteres Testament existiert.

Das Grundbuchamt ist nicht verpflichtet, die Gültigkeit und den Inhalt des Testaments zu prüfen.

Es kann in solchen Fällen die Vorlage eines Erbscheins verlangen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Praktische Auswirkungen

Der Beschluss hat praktische Auswirkungen für die Gestaltung von Erbverträgen und Testamenten.

Erforderliche Vorlage eines Erbscheins bei Errichtung eines privatschriftlichen Testaments nach Erbvertrag

Es ist ratsam, bei der Errichtung von Testamenten nach einem Erbvertrag die Regelungen des Erbvertrags klar und deutlich zu wiederholen oder zu ändern, um spätere Zweifel an der Erbfolge zu vermeiden.

Zusätzliche Hinweise:

  • Der Beschluss befasst sich auch mit der Frage, ob das Grundbuchamt die Gültigkeit eines privatschriftlichen Testaments prüfen muss. Das OLG verneint dies, da die Prüfung der Gültigkeit Aufgabe des Nachlassgerichts ist.
  • Der Beschluss betont, dass das Grundbuchamt nur dann einen Erbschein verlangen darf, wenn konkrete Zweifel an der Erbfolge bestehen.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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