Ergänzung gemeinschaftliches Testament durch späteres gemeinschaftliches Testament – Bayerisches Oberstes Landesgericht BReg 1 Z 47/85

November 29, 2020

Ergänzung gemeinschaftliches Testament durch späteres gemeinschaftliches Testament – Bayerisches Oberstes Landesgericht BReg 1 Z 47/85

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Ein Ehepaar hatte im Jahr 1952 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.

Im Jahr 1978 errichteten sie ein weiteres gemeinschaftliches Testament, in dem sie die beiden Söhne aus der ersten Ehe des Ehemannes zu Schlusserben einsetzten.

Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau ein Einzeltestament, in dem sie ihren Neffen als Alleinerben einsetzte und die Schlusserbeneinsetzung widerrief.

Streitig war, ob die Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung widerrufen durfte oder ob sie aufgrund der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen in den beiden gemeinschaftlichen Testamenten daran gebunden war.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts:

Ergänzung gemeinschaftliches Testament durch späteres gemeinschaftliches Testament – Bayerisches Oberstes Landesgericht BReg 1 Z 47/85

Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die Beschwerden der Schlusserben zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, dass die Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung wirksam widerrufen konnte.

Begründung:

Das Gericht führte aus, dass die Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung nur dann wirksam widerrufen konnte, wenn die Verfügung im gemeinschaftlichen Testament von 1978 nicht wechselbezüglich mit der gegenseitigen Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Testament von 1952 war.

Zentrale Argumente des Gerichts:

  • Keine Wechselbezüglichkeit: Wechselbezüglich sind Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament nur dann, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre. Im vorliegenden Fall war die Erbeinsetzung der Ehefrau durch den Ehemann im Testament von 1952 nicht davon abhängig, dass die Ehefrau die Stiefsöhne des Ehemannes als Schlusserben einsetzte.
  • Keine Einheit der Testamente: Die beiden gemeinschaftlichen Testamente waren nicht als Einheit anzusehen. Das Testament von 1978 enthielt keine Bezugnahme auf das Testament von 1952 und regelte lediglich die Schlusserbfolge. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ehegatten die gegenseitige Erbeinsetzung mit der Schlusserbeneinsetzung verknüpfen wollten.
  • Auslegung: Die Auslegung des Testaments ergab, dass die Ehegatten die gegenseitige Erbeinsetzung nicht mit der Einsetzung der Schlusserben wechselbezüglich verknüpfen wollten.
  • Lebenserfahrung: Es widersprach nicht der Lebenserfahrung, dass der Ehemann seiner Frau das Recht belassen wollte, die Schlusserbeneinsetzung nach seinem Ableben zu ändern.
  • Zeitlicher Abstand: Der lange Zeitraum zwischen den beiden gemeinschaftlichen Testamenten sprach eher gegen einen Ergänzungswillen der Ehegatten.

Ergänzung gemeinschaftliches Testament durch späteres gemeinschaftliches Testament – Bayerisches Oberstes Landesgericht BReg 1 Z 47/85

Fazit:

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat entschieden, dass die Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung wirksam widerrufen konnte,

da die Verfügungen in den beiden gemeinschaftlichen Testamenten nicht wechselbezüglich waren.

Die Entscheidung zeigt, dass die Annahme einer Wechselbezüglichkeit im Falle von mehreren gemeinschaftlichen Testamenten einer strengen Prüfung bedarf.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Sozialhilfe - Vermögenseinsatz - Bestattungsvorsorgevertrag

Sozialhilfe – Vermögenseinsatz – Bestattungsvorsorgevertrag

Juli 13, 2025
Sozialhilfe – Vermögenseinsatz – BestattungsvorsorgevertragBSG, Urteil vom 18.03.2008 – B 8/9b SO 9/06 RRA und Notar KrauSozialhilfe und…
Sozialhilfe - Übernahme von Bestattungskosten 

Sozialhilfe – Übernahme von Bestattungskosten 

Juli 13, 2025
Sozialhilfe – Übernahme von Bestattungskosten RA und Notar KrauWenn der Tod kommt und das Geld nicht reicht: Was das Sozialgericht Karl…
Verzicht auf Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs bei Privatinsolvenz

Verzicht auf Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs bei Privatinsolvenz

Juli 13, 2025
Verzicht auf Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs bei PrivatinsolvenzVorinstanzen:AG Tübingen, Entscheidung vom 19.11.2007 – II 1 IK 1…