Erhebung Einrede Pflichtteilsunwürdigkeit nach Ablauf Anfechtungsfrist

August 14, 2017

Erhebung Einrede Pflichtteilsunwürdigkeit nach Ablauf Anfechtungsfrist

OLG Hamm I-10 U 83/15

RA und Notar Krau

Kernaussagen:

  • Einrede der Pflichtteilsunwürdigkeit: Auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist kann die Pflichtteilsunwürdigkeit noch einredeweise geltend gemacht werden.
  • Kein Urkundenfälschung: Ein Testament, das vom Erblasser nicht eigenhändig geschrieben, sondern nur unterschrieben wurde, ist keine unechte Urkunde im Sinne von § 267 StGB. Die Verwendung eines solchen Testaments führt daher nicht zur Erb- oder Pflichtteilsunwürdigkeit.

Sachverhalt:

Die Klägerin verlangte von ihrem Halbbruder, dem Beklagten, ihren Pflichtteil am Nachlass ihrer Mutter.

Der Beklagte war Alleinerbe aufgrund eines notariellen Testaments.

Erhebung Einrede Pflichtteilsunwürdigkeit nach Ablauf Anfechtungsfrist

Es existierte jedoch noch ein handschriftliches Testament, in dem die Enkelin der Erblasserin als Alleinerbin eingesetzt wurde.

Dieses Testament stammte jedoch nicht von der Erblasserin selbst, sondern wurde von einer anderen Person geschrieben und nur von der Erblasserin unterschrieben.

Der Beklagte verweigerte die Zahlung des Pflichtteils mit der Begründung, die Klägerin sei erbunwürdig,

da sie sich in Bezug auf das handschriftliche Testament der Urkundenfälschung und des versuchten Betrugs schuldig gemacht habe.

Rechtliche Würdigung:

  • Pflichtteilsanspruch: Das OLG Hamm bestätigte den Pflichtteilsanspruch der Klägerin.
  • Einrede der Pflichtteilsunwürdigkeit: Entgegen der Auffassung des Landgerichts entschied das OLG, dass die Einrede der Pflichtteilsunwürdigkeit auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist zulässig ist.
  • Keine Urkundenfälschung: Das OLG stellte fest, dass das handschriftliche Testament keine unechte Urkunde im Sinne von § 267 StGB darstellt, da die Erblasserin das Testament selbst unterschrieben hat.
  • Kein Erbunwürdigkeitsgrund: Mangels Urkundenfälschung und sonstiger Erbunwürdigkeitsgründe konnte der Beklagte die Zahlung des Pflichtteils nicht verweigern.

Erhebung Einrede Pflichtteilsunwürdigkeit nach Ablauf Anfechtungsfrist

Entscheidung:

Das OLG Hamm wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts, das den Beklagten zur Zahlung des Pflichtteils verurteilt hatte.

Bedeutung des Urteils:

Das Urteil verdeutlicht die Voraussetzungen für die Einrede der Pflichtteilsunwürdigkeit und die Grenzen des Tatbestands der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit Testamenten.

Es zeigt, dass die Verwendung eines vom Erblasser nur unterschriebenen Testaments nicht automatisch zur Erbunwürdigkeit führt,

selbst wenn das Testament von einer anderen Person geschrieben wurde.

  

RA und Notar Krau

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