Erhebung von Gerichtskosten für das Erbscheinsverfahren und für das Verfahren auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses
Gerne fasse ich den Beschluss des OLG Hamburg vom 20.11.2013 (Az.: 2 W 96/13) zum Thema Kostentragung im Nachlassverfahren zusammen.
Dieser Beschluss behandelt die Frage, wer die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens (hier: Erbschein und Testamentsvollstreckerzeugnis) tragen muss, insbesondere wenn ein Beteiligter Einspruch erhebt und dadurch umfangreiche Ermittlungen ausgelöst werden.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg musste die Kostenentscheidung eines Amtsgerichts korrigieren, das einem Beteiligten (dem Beschwerdeführer, hier Beteiligter zu 3) pauschal „die Kosten des Verfahrens“ auferlegt hatte, weil er mit seinen Anträgen keinen Erfolg hatte und die Beweisaufnahme (z. B. Gutachten zur Testierfähigkeit) hauptsächlich durch seine Einwände verursacht wurde.
Das OLG stellte klar, dass man zwischen Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen des Gerichts) und außergerichtlichen Kosten (Anwaltskosten der Beteiligten) unterscheiden muss:
Diese richten sich in der Regel nach dem Gesetz (hier: der alten Kostenordnung, KostO) und sind unabhängig vom Ausgang des Verfahrens und von einer Billigkeitsentscheidung des Gerichts vom Antragsteller zu tragen. Wer einen Erbschein oder ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt, zahlt die Gebühren dafür, auch wenn ein anderer Einwände erhebt. Hier wurde das Gericht angewiesen, die Gebühren entsprechend der KostO zu erheben, getrennt für jeden Antragsteller.
Hier greift die Billigkeitsentscheidung des Gerichts nach §81 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Das Gericht kann nach billigem Ermessen entscheiden.
Im Zentrum stand der Beteiligte zu 3), der unter anderem die Testierfähigkeit (Fähigkeit, wirksam ein Testament zu errichten) des Verstorbenen angezweifelt hatte. Dies führte zu umfangreichen und teuren Ermittlungen (Gutachten, Zeugenbefragungen).
Das OLG urteilte nach dem Grundsatz der Veranlassung:
Diese Kosten muss der Beteiligte zu 3) tragen. Begründung: Er hat durch seine substanziellen Einwände die umfangreichen und teuren amtswegigen Ermittlungen verursacht, obwohl sich seine Behauptungen als unzutreffend herausstellten. Es widerspräche der Billigkeit, die anderen Beteiligten, die von der Testierfähigkeit überzeugt waren, damit zu belasten (Gedanke des §96 ZPO: Wer ein erfolgloses Angriffsmittel geltend macht, trägt die Kosten).
Die Anwaltskosten der Beteiligten zu 5) (einer Vermächtnisnehmerin), die sich gegen die Behauptung der Testierunfähigkeit wehren musste, muss der Beteiligte zu 3) erstatten.
Dem Beteiligten zu 2) (Hauptantragsteller) musste der Beteiligte zu 3) ebenfalls die Anwaltskosten erstatten, die gezielt für die Teilnahme an der Beweisaufnahme (Gutachtertermin) angefallen sind, da auch diese durch seine Einwände veranlasst wurden.
Alle anderen allgemeinen außergerichtlichen Kosten für die erste Instanz (z. B. für die Antragstellung oder allgemeine Vertretung) mussten die Beteiligten selbst tragen, da diese Kosten ohnehin angefallen wären oder nicht direkt mit der Beweisaufnahme zusammenhingen.
Wer in einem Nachlassverfahren Einwände (z. B. Zweifel an der Testierfähigkeit) erhebt, die umfangreiche und kostspielige Ermittlungen des Gerichts nach sich ziehen und sich am Ende nicht bestätigen, muss damit rechnen, die dadurch verursachten zusätzlichen Kosten (Auslagen für Gutachter und die Anwaltskosten der anderen Beteiligten, die sich dagegen wehren mussten) alleine zu tragen.
Die Kosten für den eigentlichen Antrag (z. B. Erbschein) trägt der Antragsteller laut Gesetz. Die Kosten für spezielle Beweismittel, die durch den Widerspruch eines Dritten nötig werden, kann das Gericht dem Veranlasser des Widerspruchs auferlegen.
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