Erklärungsvorbehalte bei Annahme oder Ausschlagung
Im Erbrecht gibt es viele Fallstricke, die für Laien nur schwer zu durchschauen sind. Besonders kompliziert wird es, wenn es um die Ausschlagung einer Erbschaft geht – also darum, auf ein Erbe zu verzichten. Oft möchten Menschen ein Erbe ausschlagen, damit es einer anderen, bestimmten Person zugutekommt. Doch genau hier lauern Missverständnisse und rechtliche Fallstricke. Als Rechtsanwalt und Notar Krau möchte ich Ihnen in diesem Blogbeitrag verständlich erklären, worauf Sie achten müssen, damit Ihre Ausschlagung auch wirklich das gewünschte Ergebnis erzielt.
Stellen Sie sich vor, Sie erben. Vielleicht möchten Sie dieses Erbe aber gar nicht annehmen, sondern lieber jemand anderem zukommen lassen. Das deutsche Erbrecht bietet hierfür die Möglichkeit der Erbschaftsausschlagung. Klingt einfach, oder? Ist es aber nicht immer, denn das Gesetz hat hier ganz bestimmte Regeln aufgestellt.
Wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen, können Sie das nicht einfach an Bedingungen knüpfen, die Sie selbst festlegen. Das Gesetz will nämlich, dass schnell klar ist, wer Erbe wird. Unsicherheiten oder „Schwebezustände“ sollen vermieden werden.
Oft höre ich in meiner Kanzlei den Wunsch: „Ich möchte das Erbe ausschlagen, aber nur, wenn es dann Person X bekommt.“ Hier ist äußerste Vorsicht geboten!
Wenn Sie die Erbschaft ausschlagen und insgeheim hoffen oder davon ausgehen, dass dadurch eine bestimmte Person erbt, dies aber nicht klar und deutlich kommunizieren, dann ist dieser Wunsch für das Nachlassgericht unbeachtlich. Das heißt, Ihr Wunsch bleibt unberücksichtigt. Es zählt nur, was Sie tatsächlich und formal korrekt erklären.
Angenommen, Sie schlagen ein Erbe aus, weil Sie der Überzeugung sind, dass es dann automatisch Ihrer Tochter zufällt. Wenn sich später herausstellt, dass dem nicht so ist, können Sie die Ausschlagung nicht einfach rückgängig machen mit der Begründung: „Ich wollte doch, dass meine Tochter erbt!“ Ihr Beweggrund – also Ihr Motiv – ändert nichts an der Wirksamkeit Ihrer Ausschlagung, wenn diese formal korrekt war.
Es gibt aber eine Ausnahme, bei der eine Art „Bedingung“ erlaubt ist. Das ist der Fall, wenn Sie die Ausschlagung erklären, und das Gesetz oder ein Testament bereits vorsieht, dass in diesem Fall eine bestimmte Person (der sogenannte nächstberufene Erbe) an Ihre Stelle tritt. Man spricht hier von einer Rechtsbedingung. Ihre Ausschlagung führt dann direkt zu der vom Gesetz oder Testament vorgesehenen Erbfolge. Hier schaffen Sie also keinen neuen, unsicheren Zustand, sondern nehmen nur eine bereits bestehende Regelung auf.
Kompliziert wird es bei der sogenannten Gegenwartsbedingung. Das ist der Fall, wenn Sie die Erbschaft ausschlagen und dazuschreiben: „Ich schlage aus unter dem Vorbehalt, dass die Erbschaft an Person Y fällt.“
Hier muss genau hingeschaut werden: Wollten Sie damit nur zum Ausdruck bringen, dass Person Y ohnehin nach dem Gesetz oder Testament Erbe geworden wäre, wenn Sie ausschlagen? Dann wäre das in Ordnung, weil es sich nur um eine Beschreibung der aktuellen Situation handelt.
Aber Achtung: Wenn Sie mit diesem Zusatz erreichen wollen, dass Person Y auf jeden Fall und endgültig Erbe wird, selbst wenn die gesetzliche oder testamentarische Erbfolge anders aussehen würde, dann kann das Ihre Ausschlagung unwirksam machen. Der Gesetzgeber möchte eben keinen „Schwebezustand“, bei dem unklar ist, wer am Ende wirklich Erbe wird.
Eine echte Bedingung, die Ihre Ausschlagung komplett unwirksam macht, liegt vor, wenn Sie Ihre Ausschlagung davon abhängig machen, dass:
Warum ist das so? Weil in diesen Fällen unklar ist, ob die Voraussetzungen für den Erbanfall überhaupt eintreten und ob die gewünschte Person das Erbe auch dauerhaft behält. Das erzeugt eben genau den unsicheren „Schwebezustand“, den das Gesetz vermeiden will. Die Konsequenz: Ihre gesamte Ausschlagungserklärung ist dann ungültig!
Ist Ihre Ausschlagung wegen einer unzulässigen Bedingung unwirksam, dann sind Sie nach wie vor Erbe. Die Erklärung kann auch nicht einfach in etwas anderes umgedeutet werden, zum Beispiel in einen Erbverzicht.
Sie haben dann aber immer noch die Möglichkeit, das gewünschte Ergebnis auf andere Weise zu erreichen, zum Beispiel indem Sie:
Diese Wege sind zwar oft mit höheren Kosten und unter Umständen auch mit zusätzlichen Steuern verbunden, aber sie gewährleisten eine gezielte Steuerung der Erbfolge und vor allem: Rechtssicherheit.
Die Rechtslage bei der Erbschaftsausschlagung mit dem Ziel, die Erbfolge zu steuern, ist komplex und wird in der Fachwelt nicht immer einheitlich beurteilt. Daher rate ich Ihnen dringend: Seien Sie äußerst vorsichtig!
Der sicherste Weg, um ein Erbe an eine bestimmte Person weiterzugeben und dabei rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, ist nicht unbedingt die Ausschlagung mit einer Bedingung. Oft ist es sinnvoller, das Erbe zunächst anzunehmen und dann den Erbteil gezielt zu übertragen oder den Nachlass aufzuteilen. Ja, das kann höhere Kosten verursachen, aber es schützt Sie vor dem Risiko eines Totalverlustes der Erbschaft – sowohl für Sie als auch für die Person, der das Erbe zugutekommen sollte.
Eine unwirksame Ausschlagung kann für alle Beteiligten sehr unangenehme und teure Folgen haben. Lassen Sie sich daher immer individuell beraten, bevor Sie eine Entscheidung treffen.
Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau