Erlöschen Nießbrauchsrecht durch Tod des Berechtigten
BGH V ZR 269/14
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil vom 19. Februar 2016 mit den komplexen Folgen des
Erlöschens eines Nießbrauchsrechts durch den Tod des Berechtigten auseinandergesetzt.
Das Nießbrauchsrecht (§§ 1030 ff. BGB) ermöglicht es einer Person (Nießbraucher), die Sache eines anderen zu nutzen und Früchte aus ihr zu ziehen.
Stirbt der Nießbraucher, erlischt dieses Recht gemäß § 1061 BGB.
Die Rechtsfolgen dieses Erlöschens, insbesondere im Hinblick auf bestehende Ansprüche des Nießbrauchers gegenüber Dritten, sind jedoch komplex
Definition:
Das Nießbrauchsrecht ist ein dingliches Recht, das dem Nießbraucher die Befugnis einräumt, eine fremde Sache zu nutzen und die Früchte daraus zu ziehen.
Es kann an beweglichen und unbeweglichen Sachen bestellt werden.
Rechte und Pflichten des Nießbrauchers:
Der Nießbraucher ist berechtigt, die Sache zu nutzen und die Früchte zu ziehen.
Er ist jedoch verpflichtet, die Sache pfleglich zu behandeln und die Substanz zu erhalten.
Rechtsgrundlagen:
Die §§ 1030 ff. BGB regeln das Nießbrauchsrecht.
§ 1061 BGB bestimmt das Erlöschen des Nießbrauchs mit dem Tod des Berechtigten.
§ 1065 BGB i.V.m. §§ 985, 1004 BGB gewährt dem Nießbraucher Herausgabeansprüche und Ansprüche auf Beseitigung von Störungen.
Tatbestand:
Ein Vater übertrug sein Grundstück auf seine beiden Söhne und behielt sich einen Nießbrauch vor.
Seine Ehefrau erhielt einen aufschiebend bedingten Nießbrauch.
Der Vater erwirkte gegen Dritte rechtskräftige Urteile auf Herausgabe einer Teilfläche und Beseitigung eines Überbaus.
Nach dem Tod des Vaters wurde seinen Erben, den Söhnen und der Ehefrau, eine vollstreckbare Ausfertigung der Titel erteilt.
Die Dritten erhoben Vollstreckungsabwehrklage.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht sah die Klage als unbegründet an, da die Söhne als Eigentümer Rechtsnachfolger des Vaters geworden seien.
Der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück.
Wesentliche Argumente des BGH:
Interpretation von § 1061 BGB:
Der BGH stellt klar, dass § 1061 BGB eindeutig das Erlöschen des Nießbrauchs mit dem Tod des Nießbrauchers bestimmt.
Ein Übergang auf den Eigentümer ist ausgeschlossen.
Bedeutung von § 889 BGB:
Der BGH betont, dass § 889 BGB, der den Ausschluss des Bestehens dinglicher Rechte an eigenen Grundstücken regelt,
nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, da er ein bereits erloschenes Recht voraussetzt.
Unterscheidung zwischen Eigentümer und Erben:
Der BGH differenziert zwischen der Rechtsposition des Eigentümers und der der Erben.
Der Eigentümer hat eigene Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB, die unabhängig von den Ansprüchen des Nießbrauchers bestehen.
Die Erben können hingegen unter bestimmten Voraussetzungen in die Ansprüche des Nießbrauchers eintreten.
Vererblichkeit des Nießbrauchsrechts:
Das Nießbrauchsrecht selbst ist nicht vererblich.
Übertragung der Ansprüche auf die Erben:
Die Ansprüche des Nießbrauchers aus § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB können auf die Erben übergehen,
wenn diese an der Erfüllung ihrer Pflichten aus dem gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis gehindert werden.
Der BGH stellt klar, dass die Ansprüche des Nießbrauchers aus § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB grundsätzlich mit dem Erlöschen des Nießbrauchsrechts erlöschen.
Ausnahmsweise können diese Ansprüche fortbestehen, wenn der ehemalige Nießbraucher durch Einwirkungen Dritter an der Erfüllung seiner Rückgabepflichten gegenüber dem Eigentümer gehindert wird.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ansprüche gegen den Dritten bereits rechtshängig geworden oder tituliert worden sind.
Das BGH-Urteil präzisiert die Rechtsfolgen des Erlöschens eines Nießbrauchsrechts durch den Tod des Berechtigten.
Es verdeutlicht die Unterscheidung zwischen der Rechtsposition des Eigentümers und der der Erben und stellt klar,
dass die Ansprüche des Nießbrauchers aus § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB grundsätzlich mit
dem Erlöschen des Nießbrauchsrechts erlöschen, unter bestimmten Voraussetzungen aber auf die Erben übergehen können.
Auswirkungen auf die Rechtspraxis:
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Rechtspraxis, da es die komplexe Rechtslage im Zusammenhang mit dem Erlöschen des Nießbrauchsrechts durch den Tod des Berechtigten klärt.
Es bietet Orientierung für die Beurteilung von Rechtsnachfolgefragen und die Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Nießbrauch.
Offene Fragen und weiterer Forschungsbedarf:
Trotz der klaren Aussagen des BGH-Urteils bleiben einige Fragen offen.
So ist beispielsweise noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Erben des Nießbrauchers an der Erfüllung ihrer Rückgabepflichten gehindert werden
und inwieweit die Rechtsprechung des BGH auf andere Fallkonstellationen, wie z.B. den Zeitablauf des Nießbrauchsrechts, übertragbar ist.
Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.