Ermittlung der Testierunfähigkeit durch Nachlassgericht
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Beschluss vom 18. Dezember 2024 (33 Wx 153/24) wichtige Grundsätze zur Ermittlung der Testierunfähigkeit durch das Nachlassgericht festgelegt.
Der Fall betraf eine Erblasserin, deren Testierfähigkeit aufgrund einer möglichen Demenz angezweifelt wurde.
Die Erblasserin verstarb 2021 und hatte 2020 ein Testament verfasst, in dem sie eine Cousine als Alleinerbin einsetzte.
Das Nachlassgericht lehnte den Erbscheinsantrag der Cousine ab, da es die Erblasserin aufgrund eines Sachverständigengutachtens aus einem Betreuungsverfahren für testierunfähig hielt.
Nach einer Beschwerde der Cousine ordnete das OLG München weitere Ermittlungen an.
Das Nachlassgericht befragte daraufhin Zeugen und holte ein weiteres Sachverständigengutachten ein.
Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass eine Demenz nicht ausgeschlossen werden könne, aber aufgrund widersprüchlicher Zeugenaussagen keine abschließende Beurteilung möglich sei.
Das Nachlassgericht wies den Erbscheinsantrag der Cousine daraufhin erneut ab, ohne den Sachverständigen erneut anzuhören.
Das OLG München hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf.
Es stellte fest, dass das Nachlassgericht das rechtliche Gehör der Beteiligten verletzt habe, indem es die Testierunfähigkeit ohne erneute Anhörung des Sachverständigen festgestellt habe.
Das Gericht muss den Beteiligten Gelegenheit geben, sich zu allen relevanten Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern.
Das Nachlassgericht hätte den Sachverständigen zu den Zeugenbefragungen hinzuziehen und ihm Gelegenheit geben müssen, selbst Fragen zu stellen.
Eine Entscheidung über die Testierunfähigkeit allein auf der Grundlage von Zeugenaussagen ohne sachverständige Hilfe verletzt das rechtliche Gehör.
Die Entscheidung über die Testierunfähigkeit ist eine komplexe Sachfrage, die in der Regel dem Richter vorbehalten ist.
Der Rechtspfleger ist nur für unstreitige Nachlassangelegenheiten zuständig.
Sobald Zweifel an der Testierfähigkeit bestehen oder widersprüchliche Tatsachen vorliegen, muss der Rechtspfleger das Verfahren dem Richter vorlegen.
Dies gilt insbesonders, wenn vom Rechtspfleger selbst Tatsachen ermittelt wurden, welche gegen die Testierfähigkeit sprechen.
Die Feststellung der Testierunfähigkeit erfordert in der Regel ein fachpsychiatrisches Gutachten.
Das Nachlassgericht darf sich nicht auf seine eigene Sachkunde stützen.
Widersprechen sich Aussagen von Zeugen, oder sind diese für das Sachverständigen Gutachten von besonderer Relevanz,
so hat eine persönliche Befragung in Anwesenheit des Sachverständigen zu erfolgen.
§ 26 FamFG Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Nachlassgericht, alle relevanten Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln.
Dies beinhaltet auch die Pflicht, den Sachverständigen bei der Zeugenbefragung hinzuzuziehen.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG München stärkt die Rechte der Beteiligten in Nachlassverfahren, in denen die Testierunfähigkeit angezweifelt wird.
Sie stellt klar, dass das Nachlassgericht bei der Ermittlung der Testierunfähigkeit sorgfältig vorgehen und das rechtliche Gehör der Beteiligten wahren muss.
Insbesondere macht das Urteil nochmal klar, in welchen Fällen die Zuständigkeit des Rechtspflegers endet, und die eines Richters beginnt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.