Ermittlung des Bodenrichtwerts – Festsetzung des Grundsteuermessbetrags
Gericht: Hessisches Finanzgericht 3. Senat
Entscheidungsdatum: 10.09.2025
Aktenzeichen: 3 V 697/25
Dokumenttyp: Beschluss
Zusammenfassung des Beschlusses des Hessischen Finanzgerichts vom 10.09.2025 (Az.: 3 V 697/25)
Dieser Beschluss des Hessischen Finanzgerichts (FG) befasst sich mit der Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Bescheids über den Grundsteuermessbetrag nach dem neuen Hessischen Grundsteuergesetz (HGrStG). Vereinfacht gesagt, ging es darum, ob die Eigentümerin eines Grundstücks die festgesetzte Grundsteuer vorläufig nicht zahlen muss, weil ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen. Das Gericht gab der Eigentümerin recht.
Ein großes, ehemaliges landwirtschaftliches Grundstück im Außenbereich (nach Baugesetzbuch) in Hessen, das an eine Golfplatzbetreiberin verpachtet und als Teil eines Golfplatzes hergerichtet ist.
Der zuständige Gutachterausschuss hatte für dieses Grundstück bisher nur einen Bodenrichtwert für landwirtschaftliche Flächen (1,50 €/m²) ermittelt.
Das FA setzte den Grundsteuermessbetrag auf Basis des HGrStG fest. Dabei wandte es eine spezielle Vorschrift an (§ 7 Abs. 2 Satz 5 HGrStG), die für bebaute oder bebaubare Grundstücke im Außenbereich eine pauschale Berechnung von 10 % des durchschnittlichen Bodenrichtwerts der Gemeinde vorsieht. Dies führte zu einer deutlich höheren Grundsteuerbelastung als bei Anwendung des landwirtschaftlichen Bodenrichtwerts.
Die Eigentümerin legte Einspruch ein und beantragte die AdV, da sie die Berechnung für falsch hielt und argumentierte, die hohe Steuer führe zu einer verfassungswidrigen „Erdrosselungswirkung“ bzw. einer schrittweisen Enteignung ihres Vermögens.
Das Gericht musste klären, ob der angefochtene Bescheid des Finanzamts ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit aufweist, was eine Voraussetzung für die Aussetzung der Vollziehung ist.
Das Gericht sah solche ernstlichen Zweifel als gegeben an und setzte die Vollziehung des Grundsteuerbescheids aus.
Das FA hatte eine pauschale Ersatzregelung (§ 7 Abs. 2 Satz 5 HGrStG) angewandt, die eigentlich nur greifen soll, wenn kein spezifischer Bodenrichtwert für die tatsächliche Nutzung des Grundstücks vorliegt.
Das Gericht stellte fest, dass die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 1 HGrStG – die auf dem tatsächlich ermittelten Bodenrichtwert der Zone basiert – Vorrang vor dieser pauschalen Ersatzregelung hat.
Das Gericht betont, dass der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 2 Satz 1 HGrStG nicht auf Grundstücke im Innenbereich beschränkt ist.
Das FA hatte zwischenzeitlich eine gutachterliche Stellungnahme beim Gutachterausschuss beantragt, um einen Bodenrichtwert für die zutreffende Nutzungsart des Golfplatzes („sonstige Flächen“ / Sportflächen) ermitteln zu lassen.
Das Gericht sieht in dieser noch laufenden Ermittlung des korrekten Bodenrichtwerts eine Unklarheit in der Beurteilung einer entscheidungserheblichen Tatsache (dem anzusetzenden Bodenrichtwert).
Da dieser zukünftig ermittelte, spezifische Bodenrichtwert für die Sportflächen – und nicht die 10 %-Pauschalregelung – vorrangig für die Grundsteuerberechnung anzuwenden ist, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bescheids.
Der vom Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwert ist für die Grundsteuerfestsetzung bindend (sogenannte Feststellungswirkung). Er wird im Grundsteuerverfahren wie eine Tatsache behandelt, deren Unklarheit Zweifel an der Steuerfestsetzung begründen kann.
Die pauschale Ansatzmethode für Außenbereichsgrundstücke (10 % des Durchschnitts, § 7 Abs. 2 Satz 5 HGrStG) ist nachrangig (subsidiär). Sobald ein spezifischer Bodenrichtwert für die tatsächliche Nutzungsart des Grundstücks (hier: Sportfläche/Golfplatz) durch den Gutachterausschuss ermittelt wird, muss dieser vorrangig angewendet werden. Die Pauschalregelung dient nur als Ersatz, wenn ein solcher spezifischer Wert fehlt.
Aufgrund der nun festgestellten Unklarheit und des Vorrangs des noch zu ermittelnden Bodenrichtwerts wurde die Vollziehung des Bescheids unbeschränkt ausgesetzt.
Das Hessische Finanzgericht setzte die Vollziehung des Grundsteuermessbescheids aus. Die Eigentümerin muss die festgesetzte höhere Grundsteuer vorerst nicht zahlen, bis über ihren Einspruch entschieden wurde oder der Gutachterausschuss den spezifischen Bodenrichtwert ermittelt hat.
Das Gericht ließ die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zu, da die Frage der Rangfolge der Berechnungsmethoden im neuen hessischen Grundsteuerrecht von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.