Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht – OLG Hamburg Beschluss 04. Juli 2018 – 2 W 32/18

Juli 10, 2020

Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht – OLG Hamburg Beschluss 04. Juli 2018 – 2 W 32/18

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Die Erblasserin hat in ihrem Testament ihre drei Kinder, Beteiligte zu 1 (I. K.), 2 (E. D.), und 3 (M. D.), zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt.

Sie ordnete für die ideelle Hälfte ihrer Immobilie eine Dauertestamentsvollstreckung bis zum Tod des Längstlebenden ihrer beiden Söhne (E. D. und M. D.) an.

E. D. wurde zum Testamentsvollstrecker und M. D. zum Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt. Es wurden keine weiteren Bestimmungen über Ersatztestamentsvollstrecker getroffen.

Ereignisse und Streitigkeiten

Im Jahr 2013 wurde E. D. gemäß § 2227 BGB als Testamentsvollstrecker entlassen, nachdem er ohne Wissen der Miterben einen fünfstelligen Betrag vom Verwaltungskonto entnommen hatte.

M. D. übernahm das Amt, erklärte jedoch später seinen Rücktritt.

Der vom Nachlassgericht eingesetzte Ersatztestamentsvollstrecker, Rechtsanwalt S. R., legte sein Amt nieder, weil keine Einigung über eine angemessene Vergütung erzielt werden konnte.

2017 wurde ein erneutes Entlassungsverfahren gegen M. D. eingeleitet, da er gegen seine Pflichten verstoßen haben soll. M. D. trat diesen Vorwürfen entgegen.

Bevor das Nachlassgericht eine Entscheidung fällen konnte, legte M. D. am 14. Dezember 2017 sein Amt nieder.

Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht – OLG Hamburg Beschluss 04. Juli 2018 – 2 W 32/18

Entscheidung des Nachlassgerichts

Das Nachlassgericht kündigte an, keinen weiteren Testamentsvollstrecker zu ernennen.

Es begründete dies mit der Zerstrittenheit der Erben und der geringen Vergütung, die einen externen Testamentsvollstrecker unattraktiv mache.

Am 8. Februar 2018 beantragte I. K. ihre Ernennung zur Testamentsvollstreckerin, was M. D. jedoch widersprach.

Am 5. April 2018 wies das Amtsgericht den Antrag zurück, da die Erblasserin gezeigt habe, dass sie I. K. nicht als Testamentsvollstreckerin wünschte.

Beschwerde und Begründung

I. K. und E. D. legten Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und argumentierten, dass die Erblasserin durch die Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung deutlich gemacht habe, dass eine gemeinschaftliche Verwaltung durch die Erben ihrem Willen widerspreche.

Sie betonten, dass I. K. bereit und fähig sei, das Amt zu den Bedingungen des Testaments auszuüben.

Das Nachlassgericht half der Beschwerde nicht ab und führte aus, dass bei einer Ernennung von I. K. weitere Streitigkeiten zu erwarten seien.

Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde als unbegründet zurück und stimmte dem Nachlassgericht zu, dass I. K. nicht zur Ersatztestamentsvollstreckerin ernannt werden solle.

Ersuchen nach § 2200 BGB:

Ein solches Ersuchen muss nicht ausdrücklich, sondern kann konkludent gestellt werden.

Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht – OLG Hamburg Beschluss 04. Juli 2018 – 2 W 32/18

Es genügt, wenn aus dem Testament ein entsprechender Wille des Erblassers hervorgeht. Vorliegend sei jedoch kein solcher Wille erkennbar.

Ausschluss bestimmter Personen:

Das Testament schließe I. K. faktisch als Testamentsvollstreckerin aus, da nur die Söhne der Erblasserin benannt wurden.

Es sei nicht anzunehmen, dass I. K. automatisch als Ersatztestamentsvollstreckerin nachrücken solle.

Pflichtgemäßes Ermessen des Nachlassgerichts:

Das Nachlassgericht habe im Rahmen seines Ermessens zu Recht entschieden, dass eine neutrale Person als Testamentsvollstrecker aufgrund der geringen Vergütung nicht gefunden werden könne und die Ernennung von I. K. aufgrund der anhaltenden Streitigkeiten unter den Miterben nicht zweckmäßig sei.

Es sei davon auszugehen, dass die Ernennung von I. K. zu weiteren Konflikten führen würde, da sie in der Vergangenheit parteiisch agiert habe.

Kostenentscheidung und Verfahrenswert

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer (I. K. und E. D.).

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 12.782,50 Euro festgesetzt, was 10 % des Werts des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls entspricht.

Fazit

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts, keinen weiteren Testamentsvollstrecker zu ernennen.

Die Ernennung von I. K. als Ersatztestamentsvollstreckerin wurde aufgrund der anhaltenden Streitigkeiten unter den Erben und ihrer eigenen Beteiligung an diesen Streitigkeiten abgelehnt.

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der sorgfältigen Auswahl eines Testamentsvollstreckers und die Herausforderungen, die bei der Verwaltung eines Nachlasses in einer zerstrittenen Erbengemeinschaft auftreten können.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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