Nach dem Tod der Ehefrau eröffnete das Nachlassgericht die Testamente und kündigte an,
den gesetzlichen Erben, den Kindern der verstorbenen Söhne des Ehepaares, den vollständigen Inhalt der Testamente bekannt zu machen.
Der Ehemann legte Beschwerde ein, da er die Bekanntgabe bestimmter Teile des Testaments,
die Regelungen über den Schlusserben, Zahlungsverpflichtungen und Vermächtnisse enthielten, verhindern wollte.
Das Amtsgericht wies die Beschwerde zurück.
Eröffnung Ehegattentestament Bekanntgabe gesamter Inhalt
Entscheidung des OLG Hamm:
Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde des Ehemanns zurück.
Begründung:
- Statthaftigkeit der Beschwerde:
Das OLG Hamm stellte zunächst fest, dass die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts statthaft ist, da es sich um eine Endentscheidung handelt.
Die Bekanntgabe des Testamentsinhalts ist keine bloße tatsächliche Handlung, sondern eine Entscheidung des Nachlassgerichts, die im Beschwerdeverfahren überprüfbar sein muss.
- Beschwerdebefugnis:
Der Ehemann ist als Testator beschwerdebefugt, da er durch die Entscheidung des Amtsgerichts in seinen Rechten betroffen ist.
- Bekanntgabepflicht nach § 348 FamFG:
Gemäß § 348 FamFG hat das Nachlassgericht den Beteiligten den sie betreffenden Inhalt der letztwilligen Verfügung bekannt zu geben.
Bei einem gemeinschaftlichen Testament sind nach § 349 FamFG die Verfügungen des überlebenden Ehegatten nicht bekannt zu geben,
soweit sie sich von denen des Verstorbenen trennen lassen.
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Dies dient dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts des überlebenden Ehegatten.
- Trennung der Verfügungen:
Eine Trennung der Verfügungen ist nur möglich, wenn sie in selbständigen Sätzen getroffen wurden und die Verfügungen des Verstorbenen auch ohne die des Überlebenden verständlich sind.
Im vorliegenden Fall haben die Eheleute jedoch in der Mehrheitsform gemeinschaftlich verfügt, sodass eine Trennung nicht möglich ist.
- Gegenstandslosigkeit der Verfügungen:
Die Tatsache, dass die streitigen Verfügungen aufgrund des Todes der Ehefrau gegenstandslos geworden sind, steht ihrer Bekanntgabe nicht entgegen.
Das Eröffnungsverfahren dient nicht der Überprüfung der Wirksamkeit der Verfügungen.
- Interesse des überlebenden Ehegatten:
Das OLG Hamm erkannte an, dass die Bekanntgabe des Testamentsinhalts in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des überlebenden Ehegatten eingreift.
Es betonte jedoch, dass die Eheleute die Möglichkeit gehabt hätten, klar abgrenzbare Verfügungen zu treffen.
Fazit:
Das OLG Hamm entschied, dass die gesetzlichen Erben über den vollständigen Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments zu informieren sind,
auch wenn die darin enthaltenen Verfügungen des überlebenden Ehegatten gegenstandslos geworden sind
und ihre Bekanntgabe in dessen informationelles Selbstbestimmungsrecht eingreift.
Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der klaren Trennung von Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, um die Geheimhaltungswünsche des überlebenden Ehegatten zu wahren.
Zusätzliche Hinweise:
- Die Entscheidung des OLG Hamm ist ein Beispiel für die Anwendung der §§ 348, 349 FamFG im Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Testamenten.
- Die Entscheidung zeigt die Bedeutung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des überlebenden Ehegatten bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments auf.
- Die Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Formulierung von gemeinschaftlichen Testamenten, um spätere Konflikte bei der Bekanntgabe des Testamentsinhalts zu vermeiden.