Ersatz für Rohrbruchschäden in der Leitungswasserversicherung

Oktober 26, 2025

Ersatz für Rohrbruchschäden in der Leitungswasserversicherung

Einleitend sei darauf hingewiesen, dass die nachfolgende Zusammenfassung die Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 14.3.2024 – 332 O 85/23) und den damit verbundenen Leitsatz aufbereitet. Sie dient lediglich der allgemeinen Information und ersetzt keine rechtliche Beratung.

Ersatz für Rohrbruchschäden in der Leitungswasserversicherung:

Die „Bodenplatte“-Grenze

1. Das Kernproblem:

Was ist versichert? In der Leitungswasserversicherung ist der Ersatz von Schäden, die durch Rohrbruch entstehen, oft an den Ort des Schadens gebunden. Der vorliegende Fall verdeutlicht die Wichtigkeit der genauen Formulierung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), insbesondere im Hinblick auf die Definition des „Gebäudes“ und der „Bodenplatte“.

Die hier verwendeten Bedingungen (VFS 08-Teil B, §§ 4, 7 Nr. 1 S. 2) legen fest, dass Bruchschäden an Rohren nur „innerhalb des Gebäudes einschließlich der Bodenplatte“ versichert sind. Rohre und Installationen „unterhalb der Bodenplatte (tragend oder nicht tragend)“ sind hingegen ausdrücklich nicht versichert.

2. Die Auslegung der „Bodenplatte“ durch das Gericht

Ein zentraler Streitpunkt in dem Fall war die Frage, ob ein Rohrbruch, der im Bereich zwischen den Fundamenten in einer Auffüllung aus Ziegelschotter/Sand aufgetreten war, noch als „innerhalb der Bodenplatte“ gilt und somit versichert ist.

Das Gericht stellte klar, dass ein verständiger Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen so verstehen muss, dass alles unterhalb der Bodenplatte nicht versichert ist.

Auffüllungen mit Materialien wie Ziegelschotter (auch wenn der Kläger sie als „Ziegelsohle“ bezeichnete) bis zum Beginn des eigentlichen Fußbodenaufbaus (z. B. bestehend aus Dämmung, Estrich, Belag) stellen keine Bodenplatte im technischen oder versicherungsrechtlichen Sinne dar.

Selbst wenn eine technische Bodenplatte fehlt, wird der verständige Kunde erkennen, dass diese tief liegenden Auffüllungen nicht Teil des versicherten Gebäudekörpers sind. Der Versicherungsschutz soll gerade nicht mehr Rohrbrüche im „Erdreich“ unter dem eigentlichen Fußbodenaufbau umfassen.

Da der behauptete Rohrbruch in dieser Auffüllung unterhalb des eigentlichen Fußbodenaufbaus lag, sah das Gericht keinen versicherten Bruchschaden im Sinne der Bedingungen.

3. Weitere Ablehnungsgründe: Fehlende Substanz und Obliegenheitsverletzung

Neben der Frage des versicherten Ortes lehnte das Gericht den Anspruch auf Deckung für den Betriebsausfall auch aus weiteren, prozessualen und vertraglichen Gründen ab:

a) Fehlende Konkretisierung des Schadens

Der Kläger konnte nicht hinreichend konkret darlegen, dass der Rohrbruch tatsächlich an einem versicherten Ort („innerhalb des Gebäudes“) stattgefunden hatte. Die genauen Aufbauten des Bodens, insbesondere im vom Kläger behaupteten Schadensbereich (Treppenhaus), blieben unklar und widersprüchlich zu den eigenen Architektenberichten.

Ersatz für Rohrbruchschäden in der Leitungswasserversicherung

Auch ein Nässeschaden (§ 7 Nr. 2 AVB), der zur Erneuerung des Putzes geführt haben sollte, wurde nicht substantiiert dargelegt, da es keine Belege für eine Durchfeuchtung der Wände durch den behaupteten Rohrbruch gab.

b) Vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht (Obliegenheitsverletzung)

Selbst wenn ein versicherter Schaden vorgelegen hätte, sah das Gericht die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit, da der Kläger vorsätzlich gegen seine Obliegenheit verstoßen hatte, den Schaden unverzüglich anzuzeigen (§ 8 Nr. 2a bb VFS 08-Teil A i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG).

Wann hätte gemeldet werden müssen?

Spätestens Ende November 2021, als der Kläger von den geplanten umfangreichen Sanierungsarbeiten aufgrund der Bodenabsenkungen Kenntnis erhielt und vom Architekten ausdrücklich auf die Klärung der Kostenübernahme mit dem Versicherer hingewiesen wurde.

Wann erfolgte die Meldung?

Erst am 2. März 2022, nachdem das Mietobjekt bereits vollständig entkernt war.

Folge:

Diese verspätete Meldung wurde als vorsätzlicher Obliegenheitsverstoß gewertet, weil der Kläger seine Pflicht wissentlich nicht beachtet hat (sog. „Relevanzirrtum“). Die Annahme des Klägers, der Schaden werde vom Vermieter übernommen, entlastete ihn nicht von seiner Pflicht gegenüber dem Versicherer.

Kausalität:

Die verspätete Meldung war auch ursächlich für die Leistungsfreiheit des Versicherers, da dieser keine Möglichkeit mehr hatte, den Schaden objektiv festzustellen und den Umfang des versicherten Ereignisses zu prüfen (z.B. durch Entsendung eines Gutachters).Fazit für Versicherungsnehmer

Der Fall unterstreicht zwei wichtige Punkte in der Leitungswasserversicherung:

Ortsbegrenzung:

Der Schutz beschränkt sich streng auf Rohre oberhalb der Begrenzung durch die Bodenplatte. Was darunter liegt (z.B. Auffüllungen, Erdreich, Schotter), ist in der Regel nicht versichert.

Meldepflicht:

Im Schadensfall muss der Versicherer unverzüglich informiert werden, sobald der Versicherungsnehmer Kenntnis von einem möglichen Versicherungsfall hat, unabhängig davon, ob er plant, den Schaden anderweitig (z.B. über den Vermieter) abzurechnen. Die verspätete Meldung kann zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führen.

RA und Notar Krau

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