Erwachsenenadoption Eltern-Kind-Verhältnis 

Juli 16, 2017

Erwachsenenadoption

Zum Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses mit langjähriger Hausangestellter

OLG Braunschweig, 1 UF 139/16

Verfahrensgang
vorgehend AG Braunschweig, 25. Juli 2016, Az: 250 F 320/14

RA und Notar Krau

Der Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig befasste sich mit der Frage, ob die Adoption einer

langjährigen Hausangestellten durch einen kinderlosen Mann rechtlich zulässig war.

Das Amtsgericht hatte den Adoptionsantrag zunächst abgelehnt, das OLG gab jedoch der Beschwerde der Annehmenden statt und sprach die Adoption aus.

Hintergrund des Falls:

  • Ein kinderloser Mann, Prof. Dr.-Ing. U. B., wollte seine langjährige Hausangestellte, I. I. B., adoptieren.
  • Die Anzunehmende war seit 1996 im Haushalt des Mannes und seiner Ehefrau beschäftigt.
  • Nach dem Tod seiner Frau hatte der Mann die Anzunehmende in seinen Testamenten und Vorsorgevollmachten bedacht.
  • Im Jahr 2014 stellten beide einen notariellen Adoptionsantrag.

Entscheidung des Amtsgerichts:

  • Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, da es kein hinreichend sicher feststellbares Eltern-Kind-Verhältnis zwischen den Beteiligten erkennen konnte.
  • Es äußerte Zweifel, ob nicht die finanzielle Absicherung der Annehmenden im Vordergrund stand.

Entscheidung des OLG Braunschweig:

Erwachsenenadoption Eltern-Kind-Verhältnis

  • Das OLG hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und sprach die Adoption aus.
  • Es stellte fest, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Erwachsenenadoption gemäß §§ 1767, 1770 BGB erfüllt waren.
  • Insbesondere sei zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden, das die Adoption sittlich rechtfertigte.

Begründung des OLG:

  • Ein Eltern-Kind-Verhältnis im Sinne des § 1767 BGB könne auch bei Erwachsenen vorliegen, wenn die Beziehung dem Verhältnis zwischen volljährigen Kindern und ihren leiblichen Eltern entspreche.
  • Dies sei hier der Fall, da zwischen den Beteiligten eine enge persönliche Bindung und die Bereitschaft zu dauerhaftem gegenseitigem Beistand bestanden habe.
  • Die Anzunehmende habe den Annehmenden weit über das übliche Maß einer Hausangestellten hinaus unterstützt und sei in seinen privaten und familiären Bereich integriert gewesen.
  • Die vom Amtsgericht geäußerten Zweifel an der Motivation der Beteiligten teilte das OLG nicht.
  • Es sah keine Anhaltspunkte dafür, dass wirtschaftliche Gründe im Vordergrund standen.
  • Der Wunsch nach finanzieller Absicherung sei zwar vorhanden gewesen, dies allein rechtfertige aber nicht die Annahme einer sittenwidrigen Motivation.

Folgen der Entscheidung:

  • Durch die Adoption erlangte die Anzunehmende die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden.
  • Sie erhielt den Geburtsnamen des Annehmenden und wurde in dessen Familie rechtlich eingegliedert.
  • Die Erbin des Annehmenden, eine Stiftung, war nicht am Adoptionsverfahren beteiligt, da Adoptionsanträge höchstpersönliche Rechte darstellen und nicht vererbbar sind.

Fazit:

Der Fall zeigt, dass eine Erwachsenenadoption auch dann möglich ist, wenn die Beteiligten nicht durch ein leibliches Eltern-Kind-Verhältnis verbunden sind.

Entscheidend ist, dass ein dem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechendes enges persönliches Verhältnis besteht und die Adoption sittlich gerechtfertigt ist.

Wirtschaftliche Erwägungen dürfen dabei nicht im Vordergrund stehen.

 

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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