Erwerb der in Wohnungseigentum umgewandelten Mietwohnung durch Ausübung des Vorkaufsrechts
Gericht: BGH 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 27.04.2016
Aktenzeichen: VIII ZR 323/14
Sie suchen eine laienfreundliche Zusammenfassung eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2016. Es geht um einen Fall, in dem Mieter ihre Wohnung, die in Wohnungseigentum umgewandelt wurde, durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts erworben haben und welche Folgen das für ihr Mietverhältnis und insbesondere für die Nutzung eines Gartens hat.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2016 ein wichtiges Urteil (Aktenzeichen VIII ZR 323/14) gefällt, das Laien auf den ersten Blick kompliziert erscheinen mag, aber grundlegende Fragen zum Mietrecht und Wohnungseigentum klärt. Im Kern ging es darum, was passiert, wenn ein Mieter seine zuvor gemietete Wohnung kauft, die in Wohnungseigentum umgewandelt wurde. Insbesondere wurde geklärt, welche Rechte und Pflichten dann noch aus dem alten Mietvertrag bestehen, vor allem bezüglich der Nutzung von Gemeinschaftsflächen wie einem Garten.
Stellen Sie sich vor, ein Ehepaar mietet eine Dachgeschosswohnung in einem Dreifamilienhaus in Köln. Im Mietvertrag ist auch die Mitbenutzung des Gartens vereinbart. Später wird das Haus in einzelne Eigentumswohnungen aufgeteilt. Dabei wird der Erdgeschosswohnung ein Sondernutzungsrecht am Garten zugewiesen. Das bedeutet, dass nur der Eigentümer der Erdgeschosswohnung den Garten allein nutzen darf.
Der ursprüngliche Eigentümer verkauft das Grundstück an eine Immobilienfirma. Diese Firma versucht zunächst, den Mietern der Dachgeschosswohnung ihre Wohnung zum Kauf anzubieten, und sichert ihnen sogar zu, dass sie ihren Teil des Gartens als Sondernutzungsrecht behalten könnten, wenn sie die Wohnung kaufen. Das Ehepaar lehnt den Kauf jedoch ab.
Daraufhin verkauft die Immobilienfirma die Erdgeschosswohnung an ein anderes Paar (die späteren Kläger). Im Kaufvertrag wird festgehalten, dass der Gartenanteil, obwohl er der Erdgeschosswohnung zugeordnet ist, vom Mieter der Dachgeschosswohnung genutzt wird und diese Nutzung erlaubt ist, solange das Mietverhältnis besteht.
Einige Zeit später verkauft die Immobilienfirma auch die Dachgeschosswohnung, die noch übrig ist. Nun übt der Ehemann als Mieter sein Vorkaufsrecht aus und erwirbt die Dachgeschosswohnung. Seine Frau zahlt ihm danach weiterhin „Miete“ für die Wohnung.
Die neuen Eigentümer der Erdgeschosswohnung (die Kläger) sind der Meinung, dass mit dem Kauf der Dachgeschosswohnung durch den Mieter das gesamte Mietverhältnis beendet ist und die Mieter nun keinen Anspruch mehr auf die Gartennutzung haben. Sie fordern die Herausgabe des Gartens. Die Mieter der Dachgeschosswohnung sehen das anders und meinen, sie hätten weiterhin ein Recht zur Gartennutzung.
Die Gerichte, einschließlich des BGH, gaben den Klägern (den Eigentümern der Erdgeschosswohnung) Recht. Die Mieter der Dachgeschosswohnung müssen den Garten räumen.
Mietverhältnis erlischt, wenn Mieter zum Eigentümer wird (Konfusion): Ein Mietvertrag setzt voraus, dass Mieter und Vermieter verschiedene Personen sind. Wenn der Mieter später das Eigentum an der gemieteten Sache erwirbt, fallen die Rollen des Mieters und des Vermieters in einer Person zusammen. Man spricht hier von Konfusion. Dadurch erlischt der Mietvertrag automatisch. Im vorliegenden Fall wurde der Ehemann durch den Kauf der Dachgeschosswohnung zum Eigentümer und konnte daher nicht gleichzeitig Mieter seiner eigenen Wohnung sein. Das Mietverhältnis über die Wohnung erlosch also für ihn.
Der Mietvertrag über die Dachgeschosswohnung und die Gartennutzung bildete ein einheitliches Mietverhältnis. Das bedeutet, man kann es nicht einfach in einen Mietvertrag über die Wohnung und einen separaten über den Garten aufteilen, besonders wenn der Garten nur ein untergeordneter Teil des Ganzen war. Da der Mietvertrag für die Wohnung erloschen ist, erlosch er auch für die Gartennutzung.
Auch wenn nur der Ehemann die Wohnung gekauft hat, erlosch das Mietverhältnis für die Ehefrau im gleichen Umfang. Der BGH stellte klar, dass § 566 Abs. 1 BGB (Regelung zum Mieterwechsel bei Verkauf einer Immobilie) hier nicht anwendbar ist, da der Ehemann als Mieter selbst erworben hat und nicht ein Dritter. Ein Mietvertrag mit der Ehefrau allein hätte auch keinen Bestand, da er die grundlegende Einheitlichkeit eines Mietvertrages verletzen würde und sich die Ehefrau ihre Nutzungsbefugnisse nur noch vom Ehemann ableiten konnte.
Die Eheleute konnten sich auch nicht darauf berufen, dass das Mietverhältnis stillschweigend fortgesetzt wurde (§ 545 BGB), weil die Ehefrau weiterhin „Miete“ an ihren Mann zahlte. Dafür wäre nötig gewesen, dass der Mietgebrauch in der bisherigen Art und Weise fortgesetzt wurde. Mit dem Eigentumserwerb des Ehemanns gab es aber kein „Mietgebrauch“ mehr im ursprünglichen Sinne, weil er ja nun selbst Eigentümer war und nicht mehr als Mieter von einem Vermieter die Nutzung überlassen bekam.
Wichtig ist hier auch die Bedeutung des Sondernutzungsrechts. Dieses Recht legt fest, welcher Wohnungseigentümer welche Teile des Gemeinschaftseigentums (wie den Garten) exklusiv nutzen darf. Da der Gartenanteil der Erdgeschosswohnung als Sondernutzungsrecht zugeordnet war, hatten die Eigentümer der Dachgeschosswohnung – nachdem das Mietverhältnis erloschen war – keinen Anspruch mehr auf die Nutzung des Gartens.
Der BGH betonte, dass der Mieter, der seine Wohnung durch Vorkaufsrecht erwirbt, zwar eine starke Rechtsposition bekommt, aber die bisherigen mietvertraglichen Nutzungsrechte erlöschen, wenn sie nicht mit der neuen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung (den Regeln des Wohnungseigentums) übereinstimmen.
Die Gerichte sahen auch keine Anzeichen dafür, dass die Kläger und die Immobilienfirma absichtlich zum Nachteil der Mieter gehandelt hätten. Die Immobilienfirma war nicht verpflichtet, die Interessen der Mieter an der Gartennutzung zu berücksichtigen, nachdem diese den Kauf der Wohnung zunächst abgelehnt hatten.
Dieses Urteil macht deutlich, dass der Erwerb einer gemieteten Wohnung durch den Mieter weitreichende Konsequenzen hat. Das alte Mietverhältnis erlischt, und die Rechte und Pflichten regeln sich fortan nach den Regeln des Wohnungseigentums.
Mieter, die ihre Wohnung durch Vorkaufsrecht erwerben, müssen sich bewusst sein, dass dies auch bedeutet, dass bisherige mietvertragliche Sonderregelungen, die nicht mit der neuen Eigentümergemeinschaftsordnung übereinstimmen, hinfällig werden können. Für Laien bedeutet das: Der Kauf der eigenen Mietwohnung ist ein großer Schritt, der sorgfältig geprüft werden sollte, um keine unerwarteten Nachteile bei der Nutzung von Gemeinschaftsflächen zu erleben.
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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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