EuGH C-102/18 – Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

Juni 13, 2019

EuGH C-102/18 – Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

Urteil vom 17.01.2019,

Europäisches Nachlasszeugnis, Antrag auf Ausstellung eines Zeugnisses, Vorabentscheidungsersuchen

RA und Notar Krau

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 17. Januar 2019 befasst sich mit der Frage, ob die Verwendung des Formblatts IV für den Antrag

auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gemäß Art. 65 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 obligatorisch oder fakultativ ist.

Sachverhalt:

Herr Brisch beantragte als Testamentsvollstrecker die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses für die in Italien befindlichen Vermögenswerte der Erblasserin.

Er verwendete für den Antrag nicht das Formblatt IV der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1329/2014.

Das Amtsgericht Köln wies den Antrag zurück, da es die Verwendung des Formblatts IV für obligatorisch hielt.

Herr Brisch legte Beschwerde ein und argumentierte, dass die Verwendung des Formblatts IV fakultativ sei.

EuGH C-102/18 – Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

Das Oberlandesgericht Köln setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor.

Entscheidung des EuGH:

Der EuGH entschied, dass die Verwendung des Formblatts IV für den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses fakultativ ist.

Wesentliche Punkte der Begründung:

  • Wortlaut von Art. 65 Abs. 2: Der Wortlaut von Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 650/2012 („kann der Antragsteller … das Formblatt verwenden“) spricht für den fakultativen Charakter der Verwendung des Formblatts IV.
  • Angaben im Antrag: Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 schreibt vor, welche Angaben der Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses enthalten muss. Die Verwendung des Formblatts IV wird dort nicht vorgeschrieben.
  • Wortlaut von Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung: Auch der Wortlaut von Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung Nr. 1329/2014 („ist das Formblatt IV … zu verwenden“) lässt keine eindeutige Aussage über den obligatorischen oder fakultativen Charakter der Verwendung des Formblatts zu.
  • Hinweis im Formblatt IV: Im Formblatt IV selbst wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein nicht verbindliches Formblatt handelt.
  • Entstehungsgeschichte: Die Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 650/2012 zeigt, dass der Unionsgesetzgeber die Verwendung des Formblatts IV nicht verpflichtend vorschreiben wollte.
  • Systematische Auslegung: Art. 67 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 schreibt die Verwendung des Formblatts V für die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses vor. Der unterschiedliche Wortlaut in Art. 65 Abs. 2 zeigt, dass die Verwendung des Formblatts IV für den Antrag nicht obligatorisch sein soll.
  • Zielsetzung der Verordnung: Die fakultative Verwendung des Formblatts IV steht nicht im Widerspruch zur Zielsetzung der Verordnung Nr. 650/2012, die die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen in Erbsachen mit grenzüberschreitendem Bezug bezweckt.

EuGH C-102/18 – Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

Fazit:

Das Urteil des EuGH stellt klar, dass die Verwendung des Formblatts IV für den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses fakultativ ist.

Die Entscheidung erleichtert die Antragstellung und fördert die Anwendung der Verordnung Nr. 650/2012.

Zusätzliche Hinweise:

  • Die Entscheidung des EuGH ist relevant für die Praxis des Europäischen Nachlasszeugnisses.
  • Sie beseitigt Unsicherheiten über die Verwendung des Formblatts IV.
  • Der Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses kann auch formlos gestellt werden, solange er die in Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 650/2012 vorgeschriebenen Angaben enthält.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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