EuGH Mahnkopf Rechtssache C‑558/16 grenzüberschreitende Erbfälle 

April 12, 2019

EuGH Mahnkopf Rechtssache C‑558/16 grenzüberschreitende Erbfälle

RA und Notar Krau

Das Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 1. März 2018 in der Rechtssache C‑558/16 behandelt die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 über Erbsachen,

insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung von Vorschriften des nationalen Rechts zum ehelichen Güterrecht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung.

Die Verordnung Nr. 650/2012 zielt darauf ab, die Rechte von Erben und anderen Anspruchsberechtigten bei grenzüberschreitenden Erbfällen innerhalb der EU zu sichern.

Im vorliegenden Fall beantragte Frau Mahnkopf nach dem Tod ihres Ehemannes die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses.

In Deutschland regelt § 1371 Abs. 1 BGB, dass beim Tod eines Ehegatten der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten durch einen pauschalen Zugewinnausgleich erhöht wird.

EuGH Mahnkopf Rechtssache C‑558/16 grenzüberschreitende Erbfälle

Das zuständige deutsche Gericht lehnte die Einbeziehung dieser Erhöhung in das Europäische Nachlasszeugnis ab,

da es sich um eine güterrechtliche und nicht um eine erbrechtliche Regelung handle, die außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 650/2012 liege.

Der Gerichtshof stellte fest, dass die Regelung des § 1371 Abs. 1 BGB nicht die Aufteilung von Vermögenswerten zwischen Ehegatten,

sondern die Bestimmung des Erbteils des überlebenden Ehegatten betrifft.

Damit fällt diese nationale Vorschrift in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 650/2012, da sie primär die Rechtsnachfolge von Todes wegen regelt.

Infolgedessen kann der durch den Zugewinnausgleich erhöhte Erbteil des überlebenden Ehegatten im Europäischen Nachlasszeugnis ausgewiesen werden.

Das Urteil betont die Bedeutung einer einheitlichen Anwendung der Verordnung Nr. 650/2012, um die Rechte der Erben in grenzüberschreitenden Erbfällen effektiv zu schützen

und den freien Personenverkehr innerhalb der EU zu erleichtern.

EuGH Mahnkopf Rechtssache C‑558/16 grenzüberschreitende Erbfälle

Eine solche Auslegung gewährleistet, dass der überlebende Ehegatte seine Erbrechte in allen Mitgliedstaaten der EU ohne zusätzliche Verfahren nachweisen kann.

Allgemeiner Hinweis:

Das Mahnkopf-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 1. März 2018 (Az. C-558/16) hat wichtige Auswirkungen auf das internationale Erbrecht,

insbesondere im Hinblick auf die Behandlung des pauschalen Zugewinnausgleichs im deutschen Erbrecht (§ 1371 Abs. 1 BGB).

Kernpunkte des Urteils:

Erbrechtliche Qualifikation des § 1371 Abs. 1 BGB:

Der EuGH hat entschieden, dass die pauschale Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten um ein Viertel gemäß § 1371 Abs. 1 BGB eine erbrechtliche und keine güterrechtliche Norm darstellt.

Anwendungsbereich der EU-Erbrechtsverordnung:

Aufgrund der erbrechtlichen Qualifikation fällt § 1371 Abs. 1 BGB in den Anwendungsbereich der EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) (Verordnung (EU) Nr. 650/2012).

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Folgen für das Erbstatut:

Dies bedeutet, dass die Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB nicht mehr automatisch dem Güterstatut (dem Recht, das den ehelichen Güterstand regelt), sondern dem Erbstatut folgt.

Das Erbstatut bestimmt sich in der Regel nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes (Art. 21 EuErbVO) oder durch Rechtswahl (Art. 22 EuErbVO).

Europäisches Nachlasszeugnis:

Die Entscheidung hat zur Folge, dass der pauschale Zugewinnausgleich gemäß § 1371 Abs. 1 BGB im Europäischen Nachlasszeugnis anzugeben ist, wenn deutsches Erbrecht zur Anwendung kommt.

Auswirkungen für das deutsche Recht und die Praxis:

Keine automatische Anwendung bei ausländischem Güterstatut:

Lebten Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, aber unterlag ihr Güterstand ausländischem Recht (z.B. aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts in einem anderen Land),

so fand die pauschale Erhöhung des Erbteils nach § 1371 Abs. 1 BGB nach bisheriger deutscher Rechtsauffassung dennoch Anwendung, wenn deutsches Erbrecht galt.

Dies ist durch das Mahnkopf-Urteil hinfällig.

Die Erhöhung findet nunmehr nur statt, wenn deutsches Erbrecht als Erbstatut zur Anwendung kommt.

Angleichungsprobleme:

Das Urteil beseitigt die zuvor bestehenden Angleichungsprobleme zwischen dem Güterstatut und dem Erbstatut in Bezug auf den Zugewinnausgleich.

Es wird vermieden, dass der überlebende Ehegatte den Zugewinnausgleich quasi „doppelt“ erhält

(einmal güterrechtlich nach ausländischem Recht und einmal erbrechtlich nach deutschem Recht).

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Bedeutung der Rechtswahl:

Das Urteil stärkt die Bedeutung der Rechtswahl sowohl für das Erbstatut als auch für das Güterstatut, um ungewollte Ergebnisse zu vermeiden.

Ehegatten mit internationalem Bezug sollten sorgfältig prüfen, welches Recht auf ihre Vermögensverhältnisse im Todesfall Anwendung finden soll.

Klarstellung für das Europäische Nachlasszeugnis:

Das Urteil schafft Klarheit darüber, dass der pauschale Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB eine erbrechtliche Wirkung hat

und daher im Europäischen Nachlasszeugnis zu berücksichtigen ist, wenn deutsches Erbrecht anwendbar ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Mahnkopf-Urteil des EuGH eine wichtige Weichenstellung im internationalen Erbrecht darstellt.

Es führt zu einer kohärenteren Behandlung des pauschalen Zugewinnausgleichs im Verhältnis zum Erbstatut und

hat praktische Auswirkungen auf die Erstellung und Anerkennung von Europäischen Nachlasszeugnissen.

 

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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