EuGH Rechtssache C‑658/17 Polnische Erbschaftsurkunde als „öffentliche Urkunde“

Dezember 20, 2019

EuGH Rechtssache C‑658/17 – Polnische Erbschaftsurkunde als „öffentliche Urkunde“

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Rechtssache entschieden, dass die in Polen von Notaren ausgestellte „Urkunde über die Bestätigung der Erbenstellung“ keine „Entscheidung“

im Sinne der EU-Erbrechtsverordnung darstellt, sondern als „öffentliche Urkunde“ einzustufen ist.

Hintergrund:

Die EU-Erbrechtsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 650/2012) regelt unter anderem die Anerkennung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen innerhalb der EU.

Im Ausgangsverfahren wollte eine polnische Erbin (WB) die von einem polnischen Notar ausgestellte „Urkunde über die Bestätigung der Erbenstellung“ in Deutschland verwenden,

um Auskunft über mögliche Bankguthaben des Erblassers zu erhalten.

EuGH Rechtssache C‑658/17 – Polnische Erbschaftsurkunde als „öffentliche Urkunde“

Strittig war die Frage, ob diese Urkunde als „Entscheidung“ oder als „öffentliche Urkunde“ im Sinne der EU-Erbrechtsverordnung anzusehen ist.

Dies hat Auswirkungen auf die Anerkennung und den Verkehr der Urkunde in anderen EU-Mitgliedstaaten.

Entscheidungsgründe des EuGH:

  • Begriff „Gericht“: Der EuGH stellte zunächst klar, dass der Begriff „Gericht“ in der EU-Erbrechtsverordnung weit auszulegen ist und auch nicht-gerichtliche Behörden umfassen kann, die gerichtliche Funktionen ausüben.
  • Keine gerichtliche Funktion des Notars: Im vorliegenden Fall übte der polnische Notar jedoch keine gerichtliche Funktion aus, da er die Urkunde nur auf einstimmigen Antrag aller Beteiligten ausstellte und keine Entscheidungsbefugnis in streitigen Erbschaftsangelegenheiten hatte.
  • Keine „Entscheidung“: Da die Urkunde nicht von einem „Gericht“ im Sinne der EU-Erbrechtsverordnung ausgestellt wurde, konnte sie auch nicht als „Entscheidung“ eingestuft werden.
  • „Öffentliche Urkunde“: Die Urkunde erfüllte jedoch alle Voraussetzungen für die Einstufung als „öffentliche Urkunde“ nach der EU-Erbrechtsverordnung: Sie wurde von einer zuständigen Behörde (dem Notar) ausgestellt, ihre Beweiskraft bezog sich auf Unterschrift und Inhalt, und sie wurde als öffentliche Urkunde eingetragen.

EuGH Rechtssache C‑658/17 – Polnische Erbschaftsurkunde als „öffentliche Urkunde“

Folgen des Urteils:

  • Anerkennung als „öffentliche Urkunde“: Die polnische „Urkunde über die Bestätigung der Erbenstellung“ ist in anderen EU-Mitgliedstaaten als „öffentliche Urkunde“ anzuerkennen.
  • Vereinfachter Verkehr: Die Urkunde kann zusammen mit einem Formblatt verwendet werden, das die formelle Beweiskraft der Urkunde beschreibt. Dies erleichtert den Verkehr der Urkunde innerhalb der EU.
  • Klarstellung zur Rolle der Notare: Das Urteil stellt klar, dass Notare, die in Erbsachen tätig sind, nicht in jedem Fall als „Gericht“ im Sinne der EU-Erbrechtsverordnung anzusehen sind.

Fazit:

Das EuGH-Urteil C-658/17 hat die rechtliche Einordnung der polnischen „Urkunde über die Bestätigung der Erbenstellung“ innerhalb der EU geklärt.

Durch die Einstufung als „öffentliche Urkunde“ wird der Verkehr dieser Urkunden innerhalb der EU erleichtert und die Rechte der Erben gestärkt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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