EuGH – Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Kreditrückzahlung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Urteil (C-536/22) wichtige Klarstellungen zur sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung bei der vorzeitigen Rückzahlung von Wohnimmobilienkreditverträgen durch Verbraucher getroffen.
Diese Entschädigung verlangt die Bank, wenn ihr durch die vorzeitige Kreditablösung Zinsgewinne entgehen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist ein Geldbetrag, den der Kreditnehmer an die Bank zahlen muss, wenn er ein Darlehen mit festgelegtem Sollzinssatz vorzeitig kündigt und zurückzahlt. Sie soll den finanziellen Schaden der Bank ausgleichen, der dadurch entsteht, dass sie die vereinbarten Zinsen bis zum Ende der Vertragslaufzeit nicht mehr erhält.
Der EuGH stellte klar, dass die europäischen Regeln zur Vorfälligkeitsentschädigung (Art. 25 der Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge) auch dann gelten, wenn der Verbraucher den Kredit nicht nur vorzeitig zurückzahlt, sondern dies nach einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung des Vertrags tut, die das nationale Recht erlaubt.
Der Schutz für Verbraucher vor überhöhten Entschädigungen gilt unabhängig davon, ob die vorzeitige Rückzahlung unmittelbar erfolgt oder durch eine Kündigung eingeleitet wurde. Es soll keinen Unterschied machen, welchen formalen Weg der Verbraucher wählt, um seine Verbindlichkeiten vorzeitig zu erfüllen.
Ein Kernpunkt des Urteils ist die Frage, ob der der Bank entgangene Gewinn – also die verpassten Zinsen für die Restlaufzeit – in die Vorfälligkeitsentschädigung einberechnet werden darf.
Die EU-Richtlinie steht dem nicht entgegen, dass nationale Regelungen den entgangenen Gewinn der Bank berücksichtigen.
Die Entschädigung muss aber stets angemessen und objektiv sein, darf keine Vertragsstrafe darstellen und den tatsächlichen finanziellen Verlust der Bank nicht überschreiten.
Die Möglichkeit, den entgangenen Gewinn zu entschädigen, schützt die Banken davor, potenziell unerwünschte Strategien (wie höhere Zinsen für alle Kreditnehmer oder Einschränkung des Kreditangebots) zu wählen, um den Verlust auszugleichen.
Die EU-Richtlinie macht keine konkreten Vorgaben, wie die Bank den entgangenen Gewinn im Detail berechnen muss. Die genaue Methodik liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten (wie Deutschland).
Die Mitgliedstaaten müssen aber sicherstellen, dass bei der Berechnung des entgangenen Gewinns eine pauschale Rendite berücksichtigt wird, die die Bank mit dem vorzeitig zurückgezahlten Betrag erzielen kann (z.B. durch Wiederanlage in sicheren Kapitalmarkttiteln). Das senkt den der Bank entstandenen Schaden und somit die Entschädigung.
Es muss nicht berücksichtigt werden, wie die Bank den zurückgezahlten Betrag tatsächlich verwendet hat. Die Berechnung darf auf einer hypothetischen Wiederanlage beruhen (z.B. der in Deutschland üblichen Aktiv-Passiv-Methode). Wichtig ist nur, dass das Ergebnis – unter Berücksichtigung dieser fiktiven Wiederanlage-Rendite – objektiv ist und den finanziellen Verlust der Bank nicht übersteigt.
Der EuGH bestätigt, dass die Bank bei einer vorzeitigen Rückzahlung eines Immobiliendarlehens Anspruch auf eine Entschädigung für ihren entgangenen Zinsgewinn hat. Dieser Anspruch gilt auch, wenn der Verbraucher zuvor den Kreditvertrag gekündigt hat.
Die Entschädigung darf jedoch nie höher sein als der tatsächliche finanzielle Verlust der Bank und muss angemessen berechnet werden, indem die Bank fiktive Einnahmen aus einer Wiederanlage des Geldes abziehen muss. Ziel ist der Ausgleich des Schadens der Bank unter gleichzeitigem Schutz des Verbrauchers vor überhöhten Forderungen.
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