EuGH zum Pauschalreiserecht: Volle Erstattung bei ruiniertem Urlaub

Oktober 25, 2025

EuGH zum Pauschalreiserecht: Volle Erstattung bei ruiniertem Urlaub

Ist der Urlaub zwecklos, gibt es alles Geld zurück

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 23. Oktober 2025 (Az. C-469/24) eine wichtige Entscheidung zum Pauschalreiserecht getroffen, die Reisende in extremen Fällen stärkt.

Der Fall: Gebucht Sonne und Meer, bekommen Presslufthammer und Staub

Zwei polnische Urlauber buchten einen Fünf-Sterne-All-inclusive-Aufenthalt in Albanien. Was sie stattdessen bekamen, war alles andere als Erholung:

Dauerbaustelle:

Direkt nach Ankunft begann der Abriss der Hotelpools. Vier Tage lang vibrierte die gesamte Anlage von 7:30 bis 19:30 Uhr durch Baggerarbeiten. Strand, Pool und Meerzugang waren kaum nutzbar – das Resort glich einer Baustelle.

Mangelhafte Verpflegung:

Anstelle von üppigen Buffets gab es begrenzte Sitzplätze im Restaurant, lange Warteschlangen und gestrichene Snackangebote. Mahlzeiten waren knapp.

Neue Baustelle:

Kaum waren die Außenarbeiten beendet, begannen neue Bauarbeiten, um das Hotel um ein Stockwerk zu erweitern.

Die Urlauber verlangten daraufhin den gesamten Reisepreis vom Veranstalter zurück.

Die Kernfrage an den EuGH

Das mit dem Fall befasste polnische Gericht fragte beim EuGH nach, wie die europäische Pauschalreiserichtlinie ((EU) 2015/2302) solche extremen Mängel bewertet.

Konkret:

Kann der gesamte Reisepreis zurückverlangt werden, auch wenn einige wenige Teilleistungen der Reise (z.B. der Flug oder die Übernachtung an sich) erbracht wurden?

EuGH zum Pauschalreiserecht: Volle Erstattung bei ruiniertem Urlaub

Das Urteil: Volle Erstattung bei „Zwecklosigkeit“

Die Luxemburger Richter stellten klar:

Volle Erstattung ist möglich: Ja, der Reisende kann eine vollständige Rückerstattung des Reisepreises verlangen.

Voraussetzung:

Dies gilt, wenn die Mängel derart schwerwiegend sind, dass die Pauschalreise „zwecklos“ wird. Das bedeutet, der Urlaub hat seinen Sinn verloren und der Reisende hat objektiv kein Interesse mehr an der Reise.

Kurz gesagt:

Wenn die Mängel den Urlaub so massiv beeinträchtigen, dass der Erholungswert komplett zerstört ist, zählt es nicht, dass einzelne Leistungen (wie das Bett zum Schlafen) erbracht wurden.

Schadensersatz bei Verschulden des Veranstalters

Der EuGH betonte außerdem, dass die Richtlinie das Gleichgewicht zwischen Reisendem und Veranstalter wiederherstellen, aber keine Strafen verhängen soll. Strafschadensersatz ist ausgeschlossen.

Allerdings kann es nach nationalem Recht (im deutschen Recht z.B. nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB) zusätzlich Ansprüche auf Schadensersatz geben, wenn die Mängel vermeidbar oder vorhersehbar waren.

Im vorliegenden Fall war der Abriss der Pools behördlich angeordnet. Das nationale Gericht muss nun klären:

Wusste der Reiseveranstalter (oder hätte er wissen müssen) von der behördlichen Anordnung?

Wären die Bauarbeiten damit vorhersehbar gewesen?

Falls ja, wäre der Veranstalter zusätzlich schadensersatzpflichtig, weil er die Urlauber nicht informiert und entsprechende Maßnahmen getroffen hat.

Zusammenfassung

Das Urteil ist ein starkes Signal für Reisende: Ist der Urlaub durch extreme Mängel (wie eine Dauerbaustelle) objektiv ruiniert und hat er seinen Erholungszweck komplett verfehlt, dann kann der gesamte Reisepreis zurückverlangt werden, selbst wenn man die Unterkunft oder den Flug genutzt hat. Zusätzlich kann bei Verschulden des Veranstalters Schadensersatz fällig werden.

RA und Notar Krau

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