Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte – Gewalt Polizei gegen Fußballfans
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 9. November 2017 im Fall Hentschel und Stark gegen Deutschland befasst sich mit den Ermittlungen deutscher Behörden nach
angeblichen Misshandlungen von zwei Fußballfans durch die Polizei in München im Dezember 2007.
Die Beschwerdeführer rügten eine Verletzung von Artikel 3 (Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung)
und Artikel 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Der EGMR stellte fest, dass ein Verstoß gegen Artikel 3 EMRK in seinem materiellen Aspekt (die eigentliche Misshandlung) nicht über jeden vernünftigen Zweifel hinaus bewiesen sei.
Die Beweislast lag bei den Beschwerdeführern, da sie sich nach der Stadionsperrung nicht mehr in polizeilicher Gewahrsam befanden.
Obwohl einige Beweise ihre Darstellung stützten, reichte dies dem Gerichtshof nicht für eine zweifelsfreie Feststellung der behaupteten Misshandlungen aus.
Hinsichtlich des verfahrensrechtlichen Aspekts von Artikel 3 EMRK, der die Pflicht zu einer wirksamen Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Gewalt beinhaltet, kam der EGMR jedoch zu einer Verletzung.
Diese Pflicht zur Untersuchung besteht, wenn eine vertretbare Behauptung von polizeilicher Misshandlung vorliegt, was der Gerichtshof im vorliegenden Fall bejahte.
Der Gerichtshof betonte, dass solche Ermittlungen gründlich, sachlich, unparteiisch und zügig geführt werden müssen,
um das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit zu wahren und den Anschein von Komplizenschaft zu vermeiden.
Zwar erkannte der EGMR an, dass die Ermittlungen im Wesentlichen zügig und unter Einbeziehung der Beschwerdeführer geführt wurden
und dass keine unzulässige Verbindung zwischen dem ermittelnden Dezernat und den eingesetzten Polizeieinheiten bestand.
Ein entscheidender Mangel lag jedoch darin, dass die eingesetzten behelmten Polizisten keine individuelle Kennzeichnung trugen, sondern lediglich eine Zugnummer.
In solchen Fällen, in denen die Identifizierung der Beamten erschwert ist, sind besondere Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts und der Verantwortlichen erforderlich.
Der EGMR bemängelte, dass die deutschen Behörden es versäumt hatten, das gesamte vorhandene Videomaterial des Einsatzes zu sichern und durch eine unabhängige Stelle analysieren zu lassen.
Zudem seien nicht alle Personen vernommen worden, die zur Aufklärung hätten beitragen können, beispielsweise der Rettungsassistent, der einen der Beschwerdeführer mutmaßlich im Stadion behandelte.
Diese Versäumnisse führten dazu, dass die Schwierigkeiten, die sich aus der fehlenden individuellen Kennzeichnung der Polizisten ergaben,
nicht hinreichend durch andere Ermittlungsmaßnahmen ausgeglichen wurden.
Der EGMR schloss daraus, dass die Ermittlungen nicht wirksam im Sinne von Artikel 3 EMRK waren.
In Bezug auf Artikel 13 EMRK (Recht auf wirksame Beschwerde) stellte der Gerichtshof keine Verletzung fest.
Er argumentierte, dass den Beschwerdeführern mit der Beschwerde zur Generalstaatsanwaltschaft, dem Antrag auf Klageerzwingung beim Oberlandesgericht und der Verfassungsbeschwerde an das
Bundesverfassungsgericht Rechtsbehelfe zur Verfügung standen, um die Wirksamkeit der Ermittlungen überprüfen zu lassen.
Insbesondere das Bundesverfassungsgericht habe die Ermittlungen eingehend geprüft und sich auf die einschlägige Rechtsprechung des EGMR bezogen.
Zusammenfassend stellte der EGMR fest, dass Deutschland Artikel 3 EMRK in seinem verfahrensrechtlichen Aspekt verletzt hat, da die Ermittlungen der angeblichen Misshandlungen aufgrund
der Versäumnisse bei der Sicherung und Auswertung von Beweismitteln und der Vernehmung relevanter Zeugen nicht als wirksam angesehen werden konnten.
Eine Verletzung des materiellen Aspekts von Artikel 3 EMRK sowie von Artikel 13 EMRK wurde hingegen nicht festgestellt. Artikel 41 EMRK (gerechte Entschädigung)
wurde im Urteil nicht weiter behandelt, da die Beschwerdeführer diesbezüglich keine Anträge gestellt hatten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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