Europäisches Nachlasszeugnis als Nachweis im Grundbuchverfahren

September 24, 2024

Europäisches Nachlasszeugnis als Nachweis im Grundbuchverfahren

OLG Bremen – 3 W 10/24

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Ein Europäisches Nachlasszeugnis kann auch dann als Nachweis im Grundbuchverfahren dienen, wenn das Formblatt nicht vollständig ausgefüllt ist,

sofern die fehlenden Angaben aus einer beigefügten Erklärung des Notars hervorgehen.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer beantragte seine Eintragung als Eigentümer eines Wohnungsgrundstücks, dessen vorherige Eigentümerin in Spanien verstorben war.

Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung ab, da das vorgelegte Europäische Nachlasszeugnis unvollständig ausgefüllt war und wichtige Informationen fehlten.

Europäisches Nachlasszeugnis als Nachweis im Grundbuchverfahren

Entscheidung des Gerichts:

Das Oberlandesgericht Bremen entschied, dass das Europäische Nachlasszeugnis auch dann gültig ist, wenn fehlende Angaben in einer beigefügten notariellen Erklärung enthalten sind.

Das Grundbuchamt muss das Zeugnis akzeptieren und die Erbfolge des Beschwerdeführers anerkennen.

Gründe:

  • Formale Anforderungen an das Europäische Nachlasszeugnis: Zwar besteht eine Pflicht zur Verwendung des vorgesehenen Formblatts, um die Vereinheitlichung und den reibungslosen Ablauf in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
  • Ausnahme bei unvollständigem Formblatt: Wenn die fehlenden Angaben leicht aus einer beigefügten notariellen Erklärung hervorgehen, widerspricht eine Ablehnung des Zeugnisses dem Ziel der Europäischen Erbrechtsverordnung, die grenzüberschreitende Erbfälle effizient abzuwickeln.
  • Gültigkeit des vorliegenden Zeugnisses: Im vorliegenden Fall waren die fehlenden Angaben in der notariellen Erklärung enthalten und das Zeugnis wurde innerhalb der Gültigkeitsfrist vorgelegt.
  • Beweiskraft des Europäischen Nachlasszeugnisses: Gemäß der EuErbVO muss das Europäische Nachlasszeugnis als Nachweis der Erbfolge akzeptiert werden. Nationale Regelungen, wie § 35 GBO, bleiben hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen etc. unberührt.
  • Ergebnis: Das Europäische Nachlasszeugnis erbringt den vollen Nachweis für die Erbenstellung des Beschwerdeführers. Das Grundbuchamt muss die Eintragung vornehmen.

Europäisches Nachlasszeugnis als Nachweis im Grundbuchverfahren

Fazit:

Diese Entscheidung unterstreicht die Flexibilität bei der Anwendung der formalen Anforderungen an das Europäische Nachlasszeugnis,

solange der Zweck der Verordnung, die grenzüberschreitende Rechtsnachfolge zu erleichtern, gewahrt bleibt.

Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) ist ein einheitlicher Nachweis der Erbenstellung, der in allen EU-Mitgliedstaaten (außer Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich) anerkannt wird.

Es wurde durch die EU-Erbrechtsverordnung eingeführt, um die Abwicklung von Erbsachen mit Auslandsbezug innerhalb der EU zu erleichtern.

Vorteile des Europäischen Nachlasszeugnisses:

  • EU-weite Anerkennung: Das ENZ wird in allen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass eine zusätzliche Legalisierung oder Apostille erforderlich ist.
  • Umfassender Nachweis: Das ENZ enthält detaillierte Angaben zum Erblasser, den Erben, dem anzuwendenden Erbrecht und der Art der Erbfolge. Es kann auch Informationen über Testamentsvollstrecker und Vermächtnisnehmer enthalten.
  • Erleichterte Abwicklung: Das ENZ ermöglicht es Erben, ihre Rechte im Ausland einfacher geltend zu machen, z.B. bei der Verwaltung von Bankkonten, Immobilien oder anderen Vermögenswerten.

Beantragung des Europäischen Nachlasszeugnisses:

  • Zuständigkeit: Zuständig für die Ausstellung ist in der Regel die Behörde des Mitgliedstaates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
  • Form und Inhalt: Das ENZ muss auf einem speziellen Formblatt ausgestellt werden und bestimmte Angaben enthalten.
  • Gültigkeitsdauer: Das ENZ ist in der Regel sechs Monate gültig, kann aber verlängert werden.

Verwendung des Europäischen Nachlasszeugnisses:

  • Nachweis der Erbenstellung: Das ENZ dient als Nachweis der Erbenstellung gegenüber Behörden, Banken, Gerichten und anderen Institutionen.
  • Verwaltung des Nachlasses: Das ENZ erleichtert die Verwaltung von Nachlassvermögen im Ausland.

Wichtige Hinweise:

  • Das Europäische Nachlasszeugnis ist nicht in allen Fällen zwingend erforderlich. In einigen Fällen kann auch ein nationaler Erbschein ausreichend sein.
  • Es ist ratsam, sich bei grenzüberschreitenden Erbfällen rechtzeitig über die erforderlichen Dokumente und Verfahren zu informieren. Ein Notar oder Rechtsanwalt kann hierbei unterstützen.

Zusätzliche Informationen:

  • Das Europäische Nachlasszeugnis ist seit dem 17. August 2015 in Kraft.
  • Es gibt auch ein Europäisches Nachlasszeugnis-Register, in dem Informationen über ausgestellte ENZ gespeichert werden.

Fazit:

Das Europäische Nachlasszeugnis ist ein wichtiges Instrument zur Vereinfachung der Abwicklung von Erbsachen mit Auslandsbezug innerhalb der EU.

Es erleichtert Erben den Nachweis ihrer Rechte und die Verwaltung von Nachlassvermögen im Ausland.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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